Blattschneider-Pilz kann sich an Wintertemperaturen anpassen

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Blattschneider-Pilz kann sich an Wintertemperaturen anpassen

Beitragvon Merkur » Sonntag 24. Juli 2016, 09:14

Nicht ganz neu, von 2011:
Ulrich G. Mueller, Alexander S. Mikheyev, Eunki Hong, Ruchira Sen, Dan L. Warren, Scott E. Solomon, Heather D. Ishak, Mike Cooper, Jessica L. Miller, Kimberly A. Shaffer, and Thomas E. Juenger (2011): Evolution of cold-tolerant fungal symbionts permits winter fungiculture by leafcutter ants at
the northern frontier of a tropical ant fungus symbiosis.
. Proceedings of the National Academy of Sciences 108(10):4053-6.
https://www.researchgate.net/publicatio ... _symbiosis

Abstract
The obligate mutualism between leafcutter ants and their Attamyces fungi originated 8 to 12 million years ago in the tropics, but extends today also into temperate regions in South and North America. The northernmost leafcutter ant Atta texana sustains fungiculture during winter temperatures that would harm the cold-sensitive Attamyces cultivars of tropical leafcutter ants. Cold-tolerance of Attamyces cultivars increases with winter harshness along a south-to-north temperature gradient across the range of A. texana, indicating selection for cold-tolerant Attamyces variants along the temperature cline. Ecological niche modeling corroborates winter temperature as a key range-limiting factor impeding northward expansion of A. texana. The northernmost A. texana populations are able to sustain fungiculture throughout winter because of their cold-adapted fungi and because of seasonal, vertical garden relocation (maintaining gardens deep in the ground in winter to protect them from extreme cold, then moving gardens to warmer, shallow depths in spring). Although the origin of leafcutter fungiculture was an evolutionary breakthrough that revolutionized the food niche of tropical fungus-growing ants, the original adaptations of this host-microbe symbiosis to tropical temperatures and the dependence on cold-sensitive fungal symbionts eventually constrained expansion into temperate habitats. Evolution of cold-tolerant fungi within the symbiosis relaxed constraints on winter fungiculture at the northern frontier of the leafcutter ant distribution, thereby expanding the ecological niche of an obligate host-microbe symbiosis.

MfG,
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Re: Blattschneider-Pilz kann sich an Wintertemperaturen anpa

Beitragvon Colophonius » Sonntag 24. Juli 2016, 10:50

Eine interessante Studie!

Allerdings sollte man sich vor Augen halten, dass Wintertemperaturen nicht überall Schnee bedeuten. ;) In den Regionen, für die die Forscher eine Ausbreitung für möglich halten, ist es gar nicht mal so kalt, aber eben kälter als im ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Aber wirklich immer wieder faszinierend, die die Evolution Arten verändert und so sich Tiere neue Lebensräume erschließen können!
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Colophonius
 

Re: Blattschneider-Pilz kann sich an Wintertemperaturen anpa

Beitragvon Trailandstreet » Sonntag 24. Juli 2016, 12:03

Die Winter bei uns werden auch zunehmend milder, so kann durchaus in nächster Zeit mit einer Ausbreitung in nördlichere breiten gerechnet werden.
Wenn man mal so etwas in geologischen Zeiträumen denkt.
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Re: Blattschneider-Pilz kann sich an Wintertemperaturen anpa

Beitragvon Merkur » Montag 25. Juli 2016, 08:36

Noch 2003 geben Wirth, ...., Hölldobler in dem Buch „Herbivory of leaf-cutting ants“ an, dass die meisten von Blattschneidern gepflegten Pilze den beiden Gattungen Leucocoprinus und Leucoagaricus angehören. Nun hat man wohl „ausgegraben“, dass es sich um eine Gattung handelt, Attamyces, mit nur einer Art, A. bromatificus. Das wurde bereits 1972 von dem deutschen Forscher H. Kreisel beschrieben, jedoch auf Deutsch, und wohl deshalb lange Zeit „übersehen“. :roll:
Engl. Wikipedia:
Attamyces is a fungal genus in the family Agaricaceae. This is a monotypic genus, containing the single species Attamyces bromatificus. The fungus was found fruiting on the nest of the fungus-growing ants Atta insularis in Cuba. Both the species and genus were described by German mycologist Hanns Kreisel in 1972. The specific epithet bromatificus refers to bromatia, which are swollen tips on the hyphae that the ants use as food.
- Dies nur am Rande; ich bin auch erst eben darauf gestoßen.

Dass Arten veränderlich sind, war ja eine der Grundlagen für Charles Darwins Evolutionstheorie!
Innerhalb wohl jeder Art gibt es genetisch begründete Variation. Sinnfälliges Beispiel ist Homo sapiens mit seinen Rassen. (Vorsichtshalber: Die Existenz von Rassen ist unbestreitbar. Zum Rassisten wird man erst, wenn man den Rassen unterschiedliche „Wertigkeiten“ unterstellt.)
Gerät eine Teilpopulation der Species in ein „neues“ Umfeld (es wird wärmer, kälter, feuchter, andere Nahrungsquellen tauchen auf, ….) haben einige bereits (in geringer Zahl) vorhandene Allele allmählich bessere Überlebens- und Fortpflanzungs-Chancen; die Selektion drängt die weniger präadaptierten (vorangepassten) Allele über Generationen hinweg zurück, die lokale Population kann sich im „neuen“ Umfeld ausbreiten.

Dass Arten sich in m. o. w. stark unterschiedlich angepasste Populationen untergliedern (wenn es „auffällig“ wird, spricht man von Rassen bzw. Unterarten), ist ja der Grund dafür, dass ich immer wieder davor gewarnt habe, gebietsfremde Ameisen auch derselben Art einfach freizulassen.

Von Natur aus lässt sich ein Anpassungsvorgang vielfach an Arealgrenzen beobachten, so eben auch beim Vordringen von Atta texana an der Nordgrenze seines Verbreitungsgebietes, wobei eben die Kältetoleranz des Pilzes allmählich zunimmt.
Interessant fand ich den Hinweis, dass die Ameisen dann auch die Pilzgärten zum Winter hin tiefer in den Boden verlagern, wo es ein paar Grad wärmer als an der Oberfläche ist.

Solche Veränderungen der Anpassung benötigen keine „geologischen Zeiträume“! Ein bekanntes Beispiel ist die Türkentaube, die ihr Areal aus Nahost in historischer Zeit, ja innerhalb weniger Jahrzehnte, bis nach Europa ausgeweitet hat.
Wikipedia:
Die Türkentaube (Streptopelia decaocto) ist eine Vogelart aus der Familie der Tauben (Columbidae). Sie hat ihren Namen deshalb, weil die Art erst seit den 1930er Jahren aus Südosten nach Mittel- und inzwischen auch nach Nord- und Westeuropa eingewandert ist.

Dies geschah ohne menschliche Mitwirkung!

Natürlich werden bei anhaltendem Trend zur Klimaerwärmung zahlreiche Arten ihre Areale nach Norden erweitern (auf der Südhalbkugel nach Süden); doch werden dieselben Arten unter Umständen in den südlicheren Breiten der Nordhalbkugel zurückgehen, seltener werden oder verschwinden. Unsere heutigen einheimischen Pflanzen sind mit geringen Ausnahmen in der Endphase der letzten Eiszeit (seit ca. 12.000 Jahren) aus süd- und osteuropäischen Refugien eingewandert und in noch kürzerer Zeit bis in die Hochgebirge „gestiegen“. Ähnliches gilt für die heimische Fauna. Veränderungen von Populationen (Anpassung) und Klimaänderungen spielen dabei in kaum trennbarer Weise zusammen.

Nochmal zurück zu Atta texana: Ich habe sie in Arizona erlebt, wo sie u. a. in der Sonora-Wüste lebt. Im März hatten wir da Frost und leichte Schneebedeckung (da waren die Ameisen natürlich nicht an der Oberfläche ;) ).

MfG,
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