Honig für Ameisen geeignet – Ja oder Nein?

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Honig für Ameisen geeignet – Ja oder Nein?

Beitragvon Merkur » Sonntag 11. Dezember 2016, 15:32

Im Ameisenforum läuft eine Diskussion “Honig: Wirklich so gesund? (NDR-Dokumentation)“. Zu den einzelnen Beiträgen will ich nicht Stellung nehmen, zumal ich die Sendung nicht gesehen habe.
Doch zu einer Frage von Erne kann ich sachdienliche Informationen liefern:
https://www.ameisenforum.de/honig-wirkl ... ml#p392510
Wird auch immer wieder hervorgehoben, dass Bienen dem Honig Substanzen zugeben die den Honig mit konservieren, die Mikroorganismen und Pilze abtöten.
Ist das für Ameisen, besonders deren Larven wirklich zuträglich?
Oder kann das zu Entwicklungsbeeinträchtigungen führen, denke da an Mikroorganismenabtötung im Darm der Larven, die dort für Verdauungsprozesse gebraucht werden
.

Aus der Erfahrung von 50 (!) Jahren Ameisenhaltung, wobei ich und meine Kandidaten immer Honigwasser (Honig + Leitungswasser ca. 1:1 gemischt) als Kohlenhydratquelle benutzt habe und zahlreiche Arten über zum Teil sehr lange Zeiträume hielten, bin ich sicher, dass Bedenken nicht angebracht sind.

Anfangs benutzte ich irgendwelchen Honig vom Imker; über die letzten ca. 30 Jahre haben wir den standardisierten Honig von Langnese genommen, um für alle Versuche möglichst gleich bleibende Bedingungen zu bieten. Probleme sind nie aufgetreten.
Es ist uns gelungen, mit diesem Honig (plus zerteilte Insekten als Proteinquelle) mehrere Ameisenarten über Generationen zu züchten (bis zu 5 Generationen; länger wäre möglich gewesen, wegen Erreichen der Versuchsziele wurde das dann beendet).
Gemeint sind echte Generationen, also Jungkönigin – Koloniegründung - Geschlechtstieraufzucht – Verpaarung – Gründung der nächsten Generation, usw., nicht etwa die Abfolge mehrerer Brutaufzuchten in einem Volk, die fälschlich oft "Generationen" genannt werden.
Bei irgendwelchen schädlichen Einflüssen des Honigs wären unsere Ergebnisse ganz bestimmt nicht erzielt worden!
Aus der Fachliteratur geht hervor, dass auch von allen anderen Forschern fast immer Honigwasser verfüttert wird und wurde, abgesehen von Experimenten, wo man sich bemüht hat, künstliche Diäten zu entwickeln.
Hier hatte ich über zwei solcher Versuche berichtet: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Nahrungsgel

MfG,
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Re: Honig für Ameisen geeignet – Ja oder Nein?

Beitragvon Moriquendi » Dienstag 13. Dezember 2016, 11:12

Hallo Merkur,

ich habe meinen Ameisen ebenfalls immer Honig angeboten und bin auch immer damit gut gefahren.
Aus meiner Zeit im Ameisenforum ist mir noch ein Thread im Kopf geblieben, wo angeblich eine bestimmte Honigmarke Schaden angerichtet haben soll, wie das Thema damals ausgegangen ist, weiß ich leider nicht mehr. Natürlich lassen sich Haltungsfehler nicht ausschließen.

Ist zwar etwas Off-Topic:

Welche Ameisenarten habt ihr damals gehalten? Und welche Bedingungen müssen gegeben sein, um eine Verpaarung in Gefangenschaft zu ermöglichen?

LG Mori
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Re: Honig für Ameisen geeignet – Ja oder Nein?

Beitragvon Merkur » Dienstag 13. Dezember 2016, 15:55

Hallo Moriquendi,

Es wäre eine sehr lange Liste von Arten, die wir gehalten haben. In 50 Jahren kommt da einiges zusammen!

In erster Linie ca. 15 Arten aus der Gattung Leptothorax samt deren Sozialparasiten (die drei ehemaligen "Doronomyrmex"-Arten sowie Harpagoxenus sublaevis und H. canadensis).
Dann - grob geschätzt - ca. 20 Temnothorax-Arten, wiederum mit ihren Sozialparasiten (10 Myrmoxenus-Arten, 4-5 Chalepoxenus-Arten). Protomognathus americanus, Temnothorax duloticus, T. minutissimus.
Monomorium: Außer M. pharaonis auch mehrere aus Australien.
Aphaenogaster subterranea, Myrmecina graminicola (Zucht über 5 Jahre).
Diacamma sp. aus Java mit Parasit Polyrhachis lama.
Diverse Lasius- und Camponotus-Arten, Lasius fuliginosus (oft nur kurzfristig, für Praktikumsversuche)
Tetraponera spp.
Myrmica rubra (inkl. "M. microrubra")
Ca.10 Tetramorium spp. und ca.7 Strongylognathus spp. (ich müsste eine Dissertation durchsuchen, um alle auflisten zu können).
Anergates atratulus, Teleutomyrmex schneideri (kurzfristig)
Formicoxenus nitidulus
Zasphinctus steinheili (früher Sphinctomyrmex steinheili)
Etliche Namen sind der Publikationsliste hier zu entnehmen. Ich habe sicher noch ein paar vergessen!

Zu den wichtigsten Bedingungen für erfolgreiche Verpaarungen gehört, dass die Tiere keine ausgedehnten Schwarmflüge machen! Gößwald & Mitarbeiter haben Waldameisen-Geschlechtstiere abgesammelt und in besonnten Aquarien zur Verpaarung gebracht; die kopulieren zum Teil ohnehin auf den Nestern. Es geht gut mit Arten, die in Nestnähe ein „Locksterzeln“ zeigen, oder sich direkt im Nest verpaaren. – Das ist also abhängig von Eigenschaften der jeweiligen Arten!
Mit Lasius oder Camponotus-Arten würde ich es nie versuchen; zu wenig Erfolgsaussichten (abgesehen von L. neglectus, die ja am/im Nest kopuliert.)
Es war für mich ein Glücksfall, dass gerade die seltenen Sozialparasiten eher auf Schwarmflüge verzichten! (Gilt natürlich nicht für die temporär parasitischen L. fuliginosus und Chthonolasius-Arten, die riesige Völker haben und Unmassen von Geschlechtstieren entlassen).
Allerdings kann man auch bei Arten mit primär flügellosen Gynen (ergatoiden oder intermorphen Gynen) Probleme haben: Sie müssen ja am Boden oder evtl. im Gesträuch kopulieren, aber bei zwei australischen Monomorium-Arten mit polymorphen Königinnen gelang es uns nicht, Bedingungen zu finden, unter denen sie kopulierten.

Allgemein gültige Regeln gibt es halt leider nicht! Und für die meisten Arten mussten wir es mühsam herausfinden.

MfG,
Merkur
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Re: Honig für Ameisen geeignet – Ja oder Nein?

Beitragvon Moriquendi » Donnerstag 15. Dezember 2016, 12:04

Hallo Merkur,

danke, dass du deine Infos mit uns teilst. Mit so vielen Arten hätte ich dann auch nicht gerechnet; aber 50 Jahre sind auch eine Menge Zeit.
Mir war ehrlich gesagt nicht bewusst, dass es doch soviele Arten gibt, die man in Gefangenschaft zur Verpaarung bringen kann, da in den Foren meist immer eine eher pessimistische Meinung diesbzgl. herrscht.
Danke für die Aufklärung.

LG Mori
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