Merkur hat geschrieben:Es ist richtig, dass P. megacephala, so wie wohl alle problematischen Ameisen- und anderen Tierarten ebenso wie Pflanzen und Mikroorganismen hauptsächlich durch den weltweiten Handel mit diversen Gütern verbreitet wurden und werden.
Doch frage ich mich immer wieder, ob man daraus ableiten kann, dass dem Ameisenhandel und Privathaltern weitere lokale Ausbreitung erlaubt sein sollte? – Manche Händler versenden exotische Ameisen auch weit ins Ausland, oder importieren sie aus anderen Kontinenten.
Das Ziel des Ameisenhandels und der Privathalter ist ja nicht die weitere lokale Ausbreitung von Ameisenarten. Ich frage mich halt nur ob einige wenige Kolonien die entkommen oder womöglich bewusst ausgesetzt werden, bei dem Ausmaß des globalen Handels mit Containerschiffen, überhaupt ins Gewicht fallen. Gibt es dazu eigentlich zuverlässige Statistiken?
Ich könnte mir vorstellen, dass die Schäden durch den Welthandel global gesehen größer sind, als durch Ameisenhändler und private Halter. Wenn man dann etwas positiv verändern will, was ich ja löblich finde, wäre es dann nicht besser Druck auf Politiker und die Wirtschaft auszuüben?
Wie sie selbst sagen:
Merkur hat geschrieben: Man darf allerdings nicht übersehen, dass in ganz Europa inzwischen riesige Flächen für den Anbau diverser Kulturpflanzen unter Glas bzw. Plastikfolie liegen, und dass P. megacephala von dort aus auch bei günstiger Witterung die umliegenden offenen Flächen belaufen, wo sie auch einheimische Ameisen und andere Insekten angreifen.
Ist die Kulturlandschaft nicht ein viel größeres Problem für die einheimische Fauna und Flora, als die mögliche Verbreitung von exotischen Ameisen durch Ameisenhändler und Privathalter? Also von der Größenordnung her? Der Hirschkäfer ist doch auch nicht duch exotische Verwandte an den Rand des Aussterbens gebracht worden, sondern durch das Abholzen alter Eichenwälder.
Ich möchte die Gefahr durch Exoten auch nicht herunterspielen, aber ich habe eher den Eindruck, dass diejenigen Tier/Insektenarten, die hier Fuß fassen können, so oder so hier ankommen. Als Beispiel seien hier die asiatischen Marienkäfer genannt, die unsere heimischen immer mehr ersetzen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dafür die Käfer-Community verantwortlich ist. Die asiatischen Marienkäfer werden wohl eher über den Seehandel in großen Zahlen her gekommen sein.
Merkur hat geschrieben:Die Verbreitungskarten im AntWiki sind oft nicht leicht zu interpretieren. Der Text zu P. megacephala ist da aufschlussreicher:
New World - Widespread although spottily distributed, and sometimes locally very abundant, from southern Florida, Bermuda, and the Bahamas south through the West Indies, southern Mexico, and Central America, to as far south in South America as Santa Catarina, Brazil (Wilson 2003). Detected in southern California in 2014 (see AntWeb) and currently subject of active control measures.
Palaearctic Region: Canary Islands, China, Egypt, Greece, Iran, Italy, Japan, Montenegro, Oman, Republic of Macedonia, Romania, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland.
Hier sind ja eine Reihe von fast-Nachbarländern Deutschlands genannt. (Bin unsicher, wie „U. K. of Great Britain and N-Ireland“ gemeint ist!).
Das habe ich in der Tat übersehen, da ich mir nur die Karte angesehen habe, danke für den Hinweis. Bei UK könnte ich mir eins der britischen Überseegebiete vorstellen, die
Pheidole megacephala scheint besonders auf Inseln erfolgreich zu sein, das würde doch passen. Die Verbreitung dieser Art ist beeindruckend und auch etwas furchteinflößend zugleich, da gebe ich ihnen gerne Recht. Aber das ist doch nicht innerhalb der letzten ein-zwei Jahrzente passiert, seit es den Ameisenhandel gibt, sondern die Tiere wurden seit Aufkommen der Handelsschiffahrt in der Vormoderne (~Jahr 1500) mit dem Warenhandel in die ganze Welt verschifft.
Merkur hat geschrieben:Im Falle von P. megacephala dürfte das noch (!?) keine Gefahr für die einheimische Fauna und Flora bedeuten. Man darf allerdings nicht übersehen, dass in ganz Europa inzwischen riesige Flächen für den Anbau diverser Kulturpflanzen unter Glas bzw. Plastikfolie liegen, und dass P. megacephala von dort aus auch bei günstiger Witterung die umliegenden offenen Flächen belaufen, wo sie auch einheimische Ameisen und andere Insekten angreifen.
Sind diese umliegenden Flächen nicht sowieso ein Gebiet, dass für sensible einheimische Arten verloren ist? Sei es wegen Dünger, Bewässerung oder mechanischer Beeinträchtigung durch Landmaschinen? Am Rande von Kulturflächen findet man meiner Erfahrung nach vor allem
Lasius cf. niger, die sich wegen ihrer Widerstandsfähigkeit dort behaupten können.
Merkur hat geschrieben:Prinzipiell halte ich es für klüger, Risiken von vornherein klein zu halten, als es „drauf ankommen“ zu lassen: Die Wieder-Ausrottung invasiver Arten ist nicht nur exorbitant teuer, sondern bisher fast immer erfolglos geblieben! (Das gilt natürlich nicht nur für Ameisen).
Ich stimme ihnen vollumfänglich zu. Aber nochmal die Frage, ob man dann wegen der Größenordnung nicht beim internationalen Warenverkehr ansetzen müsste, und solange sich dort nichts ändert ist der einheimischen Flora und Fauna doch auch nicht geholfen, wenn weniger Menschen in Deutschland exotische Ameisen halten. Da würde mich wieder die Frage nach einer seriösen Statistik interessieren. Wieviele Personen in Deutschland halten Exoten? Wie oft ist diesen Personen eine Kolonie mit Königin entkommen bzw. wurde eine Kolonie ausgesetzt (oder wie oft wurde einer Art die Zweignester bildet Ausgang gewährt)?
Dies dann gegenüberstellen mit der Frage, wieviele Königinnen/Kolonien von exotischen Ameisen befinden sich auf einem Container-Riesen?
Leider ist mir keine solche Statistik bekannt, aber mein Gefühl und mein Verstand sagt mir, dass Ameisenhändler und private Halter eher ein Auge auf die Ameisen haben, da diese für sie
1. einem Geldwert entsprechen und
2. sie eine gewisse fachliche Kompetenz haben Arten zu unterscheiden.
Wenn auf einem Containerschiff aus einem von hunderten Containern einige Ameisen herauslaufen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es Reederei, Handelspartner oder einzelne Matrosen oder Hafenarbeiter sonderlich interessiert, eben weil sie keinen materiellen Wert in den Tieren sehen und diese auch nicht ansatzweise unterscheiden können.
Ich hoffe das mein Post nicht falsch verstanden wird, mir liegt viel an der einheimischen Flora und Fauna, aber ich frage mich ob man den Kampf um das Bewahren eben dieser nicht besser an anderer Stelle führt.