Nach Infektion mit einem Krankheitserreger verstärken Ameisenköniginnen ihren Fortpflanzungs-Aufwand.Julia Giehr, Anna V. Grasse, Sylvia Cremer, Jürgen Heinze, Alexandra Schrempf (2017): Ant queens increase their reproductive efforts after pathogen infection. Royal Society Open Science 4(7):170547 DOI: 10.1098/rsos.170547
http://rsos.royalsocietypublishing.org/ ... 4/7/170547 AbstractInfections with potentially lethal pathogens may negatively affect an individual’s lifespan and decrease its reproductive value. The terminal investment hypothesis predicts that individuals faced with a reduced survival should invest more into reproduction instead of maintenance and growth. Several studies suggest that individuals are indeed able to estimate their body condition and to increase their reproductive effort with approaching death, while other studies gave ambiguous results. We investigate whether queens of a perennial social insect (ant) are able to boost their reproduction following infection with an obligate killing pathogen. Social insect queens are special with regard to reproduction and aging, as they outlive conspecific non-reproductive workers. Moreover, in the ant Cardiocondyla obscurior, fecundity increases with queen age. However, it remained unclear whether this reflects negative reproductive senescence or terminal investment in response to approaching death. Here, we test whether queens of C. obscurior react to infection with the entomopathogenic fungus Metarhizium brunneum by an increased egg-laying rate. We show that a fungal infection triggers a reinforced investment in reproduction in queens. This adjustment of the reproductive rate by ant queens is consistent with predictions of the terminal investment hypothesis and is reported for the first time in a social insect.Man sollte erwarten, dass Ameisenköniginnen bei einer potenziell tödlichen Infektion ihre Eiablagerate allmählich reduzieren. Doch das Gegenteil ist der Fall: In der Arbeit wird am Beispiel der Ameise
Cardiocondyla obscurior gezeigt, dass die Königinnen nach Infektion mit dem entomopathogenen (bei Insekten Krankheit erregenden) Pilz
Metrhizium brunneum ihre Eiablagerate steigern. Der Pilz löst bei den Königinnen ein erhöhtes Investment in die Fortpflanzung aus. (Dann allerdings sterben sie vor Erreichen ihrer normalen Lebenserwartung).
Das Ergebnis stimmt überein mit einer bereits anhand anderer Organismen formulierten Hypothese, wonach Individuen angesichts einer verringerten Überlebenschance bevorzugt in die Fortpflanzung investieren sollten anstatt in Selbsterhaltung und Wachstum. Nach einigen Untersuchungen sind Individuen in der Lage, ihren körperlichen Zustand einzuschätzen und mit dem Näherrücken des Todes ihre Fortpflanzungsbemühungen zu steigern. Andere Untersuchungen erbrachten zweideutige oder gegenteilige Ergebnisse.
Bei
C. obscurior steigt die Fruchtbarkeit ohnehin mit zunehmendem Alter, einer Hypothese zufolge als Reaktion auf den näher kommenden Tod. Erstmals wird in dieser Arbeit bei einem sozialen Insekt gezeigt, dass auch eine Pilzinfektion bei Königinnen ein erhöhtes Investment in die Fortpflanzung auslöst.
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Mein Kommentar: Das Ganze ist komplizierter, als es in einem Abstract dargestellt werden kann. Für das experimentelle Vorgehen muss man die Originalarbeit lesen.
Die durchschnittliche Lebensdauer der Königinnen liegt bei nur 26 Wochen, die Völker sind klein (um 100 Arbeiterinnen). Damit lässt sich in vernünftigen Zeiträumen experimentieren!
Gesteigerte Fortpflanzungsrate (Produktion von Eiern) tritt natürlich mit wachsender Arbeiterinnenzahl ein, doch wurde im Experiment die Zahl der Arbeiterinnen konstant gehalten. - Mich erinnert die „terminal investment hypothesis“ an die „Notreife“ mancher Früchte und Samen unter ungünstigen Bedingungen, oder auch an Kräuter, die abhängig von Wasser-, Nährstoff- und Lichtgenuss entweder sehr groß werden und erst dann üppig blühen, oder als kleine Pflänzchen bereits wenige Blüten ansetzen und fruchten.
Wie weit die Befunde an
Cardiocondyla obscurior auf andere Ameisen übertragbar sind, ist jetzt natürlich noch nicht zu sagen. Bei einer von Ameisenhaltern gelegentlich geplanten Begrenzung des Wachstums von Ameisenkolonien, z.B. durch Mangelernährung, könnte unter Umständen auch verfrühte Produktion von Geschlechtstiere resultieren.
MfG,
Merkur