Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Sonntag 30. Dezember 2018, 16:14

Merkur hat geschrieben:[...] Viel lieber hätte ich einen hoffnungsvolleren Ausblick auf das Neue Jahr geboten! :roll:

Positiv: Immerhin brütet der eigentlich aus dem tropischen und subtropischen Raum kommende Bienenfresser wieder vermehrt in Deutschland, wohl aufgrund der ansteigenden Temperaturen. Wenn das so weiter geht, muss er bald zum Überwintern nicht mehr nach Afrika fliegen, sondern kann sogar ganzjährig bei uns bleiben! ;) ^^

Hübsche Vögel:

Bild
Bildquelle Wikipedia / https://de.wikipedia.org/wiki/Bienenfresser_(Art)

Siehe auch: Das sind die Verlierer und Gewinner im Tierreich 2018
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Anon
 

Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon MBM » Sonntag 30. Dezember 2018, 18:51

IMG_7163 Ameisenportal.JPG
Glück gehabt?
Auf meinen Fotos der Bienenfresser vom Mai 2018 habe ich die Bienen (oder Wespen?) erst später entdeckt.

Bienenfresser brüten seit wenigen Jahren auch wieder bei uns in Sachsen.
Mit Sicherheit sind sie ja nicht für den allgemein festgestellten Rückgang der Fluginsekten verantwortlich.


MBM wünscht Allen viele interessante Beobachtungen auch im Jahr 2019!
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon swagman » Donnerstag 3. Januar 2019, 17:43

Schön, dass der Bienenfresser es zumindest versucht.
Dumm nur, dass auch er auf Dauer zu wenig Nahrung finden wird.

Ich befürchte allerdings, es gibt nur Verlierer.

Der Klimawandel ist derzeit prägendes Thema in den Medien, dabei ist der Artenschwund viel bedrohlicher.
Man muss nur bedenken, dass Insekten die größte Tiergruppe stellen, an Arten und Biomasse. Und schon seit über 400 Millionen Jahren die Erde bevölkern und dadurch zahlreiche Formen und Spezialisierungen entstanden sind.
Dabei wurde schon im 19. Jahrhundert ein Rückgang von Insekten bemerkt. (Und auch damals schon die Landwirtschaft als Ursache vermutet)

Bei Vögeln hat der Bestand in den letzten 200 Jahren um fast 80% abgenommen. Auch hier durch Zerstörung an Lebensraum. Dazu kommt noch die veränderte Landwirtschaft. Es sind ja nicht nur weniger Insekten als Futter, sondern auch Samen und Körner. Die Felder in Monokultur bestellt und alles „Unkraut“ weggespritzt. Selbst Wiesen bieten kaum noch Nahrung, denn sie werden überdüngt und ständig gemäht. Da kommt kaum noch ein Wildkraut zur Samenreife.

Und so geht es allem. Amphibien, Reptilien, Säugetieren, Pflanzen und so weiter.

Und am Schluß sind alle wieder völlig überrascht.
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Samstag 12. Januar 2019, 16:54

Das Insektensterben hat viele Ursachen:

Düngung-DGaaE131.jpg
aus den DGaaE-Nachrichten 32, S. 113, 2018 (Deutsche Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie)


Die genannten Arten:
Coenonympha pamphilus: Kleines Wiesenvögelchen
Lycaena spp.: 2 Arten der Bläulinge
Pararge aegeria: Waldbrettspiel
Rivula sericealis: Seideneulchen
Timandra comae: Ampferspanner

MfG,
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon swagman » Montag 14. Januar 2019, 09:18

Wer mehr über die Gründe des Inbektenserbens wissen mochte, dem kann ich nur dieses Buch empfehlen:

Das große Insektensterben.
Was es bedeutet und was wir jetzt tun müssen.

Andreas H. Segerer; Eva Rosenkranz.
Oekom Vlg, München, 2018
ISBN 978-3-96238-049-6


Der Autor ist promovierter Biologe und seit 1998 als Lepidopterologe an der Zoologischen Staatssammlung München tätig. Ausserdem ist er President der Entomologischen Gesellschaft München.

Im Buch werden zahlreiche Studien vorgestellt und erläutert, die den Insektenschwund über die letzten 200(!) Jahre belegen.*
Darunter eben auch die oben erwähnte Überdüngung. Nicht nur durch direkte Düngung, sondern noch weitreichender, durch Stickstoffeintrag über die Luft. Dadurch sind eben selbst Naturschutzgebiete gefährdet, da selbst dort eine schleichende Veränderung der Vegetation stattfindet. So werden nicht nur Futterpflanzen durch Dünger quasi vergiftet, sondern es verschwinden auch etliche Pflanzenarten die mit zu viel Stickstoff nicht klarkommen. Diese fehlen natürlich dann als Futterpflanzen und somit verschwinden auch die darauf angewiesenen Insektenarten.

Ein sehr informatives Buch. Nur kann es einem ziemlich Bange werden, da es sehr viel Schlimmer steht (weltweit) als man so aus den normalen Medien erfährt.
Daher schreibt die Zweitautorin im zweiten Teil des Buches über Sofortmaßnahmen die vielleicht noch Schlimmstes verhindern könnten.
Allerdings wird auch eingehend auf das bisherige Versagen von Politik und Wirtschaft hingewiesen, da das Thema Insektensterben schon sehr lange bekannt ist und die Warnungen und Empfehlungen durch Wissenschaftlern wie so oft schlicht ignoriert wurden/werden.


*Als die Landwirtschaft durch die Industrialisierung intensiviert wurde bis zum heutigen Zustand.
Wobei der Rückgang an Arten, nicht nur Insekten, erst seit den 60ern, 70ern immer massiver an Fahrt aufgenommen hat.
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Dienstag 12. Februar 2019, 10:31

Insektensterben

Ein sehenswertes Video (aus dem Forum der Dt. Ameisenschutzwarte): https://www.youtube.com/watch?v=_SL5GrLTNFA

MfG,
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Dienstag 12. Februar 2019, 13:08

In den Medien wird breit über eine gerade erschienene Übersichtsstudie zum globalen Insektensterben berichtet; hier eine kurze Zusammenfassung, aus https://www.20min.ch/wissen/news/story/ ... n-22434975 :
[..] Besonders gefährdet sind demnach Schmetterlinge, Käfer, Hautflügler wie Bienen, aber auch Eintagsfliegen und Libellen, wie der «Guardian» schreibt. Für die Übersichtsstudie wurden 73 Einzelstudien analysiert. Dabei zeigte sich, dass es sich um ein globales Problem handelt. Die australischen Forscher benutzen in ihrem im Fachjournal «Biological Conservation» veröffentlichten Bericht denn auch ungewöhnlich deutliche Worte.

Klingt soweit einigermaßen "bekannt"; dramatisch dabei ist allerdings das Tempo, mit dem diese "stille" Katastrophe mittlerweile voranschreitet:
«Wenn wir die Art, wie wir Lebensmittel produzieren, nicht ändern, werden die Insekten in ihrer Gesamtheit in wenigen Jahrzehnten aussterben», schreiben sie. «Die Auswirkungen auf die Ökosysteme des Planeten werden gelinde gesagt katastrophal sein.» Als Erstes zu spüren bekommen das laut den Forschern jene Vögel, Reptilien und Amphibien, die Insekten fressen. Sie verhungern schlicht und einfach.

Diese Prognose macht mir wirklich Angst! :(

Paper/Abstract: https://www.sciencedirect.com/science/a ... 718313636#

----------

EDIT/Hier eine etwas ausführlichere Beleuchtung der Studie, Infos zum "Volksbegehren Artenvielfalt" in Bayern und Forderungen an die Politik: http://www.sonnenseite.com/de/umwelt/ne ... droht.html

Hoffnungsschimmer:
[..] Denn das Volksbegehren in Bayern zeige: Nicht nur die Wissenschaft fordert endlich Taten beim Insektenschutz, sondern auch große Teile der Gesellschaft.

.
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Dienstag 12. Februar 2019, 17:05

Es IST in hohem Maße beängstigend, was mit unserer Natur geschieht!
Auch wenn es lokal sehr unterschiedlich läuft, so ist die Tendenz unübersehbar.

Dabei gibt es - vordergründig gesehen merkwürdige – Widersprüche:
- Deutschland, und eigentlich ganz Mitteleuropa, ist ein Agrarland. Doch war das immer so?
Nein; Deutschland war in der Nacheiszeit über lange Jahrtausende ein Waldland, mit den waldbewohnenden Insekten, Vögeln Säugetieren usw., und mit wenigen offenen „Inseln“ (Überschwemmungsbereiche, natürliche Waldbrände, ...).
Dann kam zunehmend der Mensch ins Spiel, mit Rodungen und der Anlage von Ackerflächen.
Diese waren jedoch kleinräumig, beschränkten sich auf Gelände, das mit den damaligen Mitteln zu bearbeiten war. Zahllose Feldholzinseln, felsige Kuppen und Hänge, Feldraine in der Flur blieben bestehen und wurden zunehmend von wärmeliebenden Insekten (und Pflanzen) aus östlichen Steppengebieten besiedelt: Die Artenzahl nahm zu! Wobei viele Arten durch den Menschen verbreitet wurden, andere auf natürlichem Wege in die neu zugängliche „offene“ Landschaft eingewandert sind (Bsp. Ackerunkräuter wie Kornblume, die aber inzwischen bereits wieder durch Herbizide fast ausgerottet sind).
Erst die großflächige Flurbereinigung im letzten Jahrhundert, die Beseitigung von naturnahen „Inselhabitaten“, hat wohl eine Umkehr bewirkt. Und nur die großräumige Landwirtschaft erlaubt bzw. „erfordert“ zunehmend den Einsatz von Pestiziden, da natürliche Gegenspieler der Schadinsekten fehlen, so dass sich Massenvermehrungen entwickeln können (Bsp. Blattläuse).

- Die Zahl der „bekannten“ Arten steigt rapide an. - Doch die bisher „unbekannten“ Arten gab es „schon immer“, nur hatte man sie nicht als separate Arten erkannt: In der Ameisenforschung ist es inzwischen alltäglich, dass seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten bekannte Arten (Bsp. Tetramorium „caespitum“, Lasius „niger“, …) in Wahrheit aus Artenkomplexen bestehen, dass sich unter dem einen Artnamen bei genauerem Hinsehen eine ganze Gruppe von Arten verbergen. Auch die aktuelle Intensivierung der Biodiversitätsforschung in tropischen Ländern trägt das Ihre bei zum scheinbaren Anstieg der Artenzahlen.

Persönliche Beobachtungen und Erfahrungen können immer nur einen winzigen Ausschnitt vom Ganzen erfassen; dennoch ist mein Eindruck, dass sich seit meiner Jugendzeit in Bayern (Unterfranken bis in die 1960er Jahre) die Häufigkeit der Begegnung mit auffälligen, schönen und großen Insekten (Segelfalter, Schillerfalter, große Laufkäfer, Bockkäfer, Hirschkäfer, Maiwurm und viele andere) ebenso drastisch verringert hat wie die Sichtungen von Zauneidechsen, Schlingnatter, Ringelnatter, Kammmolch usw..
Die jetzt bekannt werdenden quantitativen Erfassungen bestätigen die subjektiven Eindrücke! - Ob eine Umkehr noch möglich ist? :(

MfG,
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Mittwoch 13. Februar 2019, 11:16

Ein Hinweis aus dem eusozial-Forum: Deutschlandfunk zu Agrarwirtschaft in der EU

Mögliche politische Maßnahmen gegen Insektensterben
Wie kann man das Sterben von Insekten bekämpfen? Gezieltere Subvention der Landwirtschaft sei laut dem Naturschutzbund Deutschland ein Schritt in die richtige Richtung. Unter anderem dazu stimmt
die EU-Kommission voraussichtlich 2020 ab. Deutsche Politiker sind sich derzeit uneinig.
--
Ewiges Hin und Her, bis es zu spät ist. :(

MfG,
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Reber » Mittwoch 13. Februar 2019, 17:43

Das einzige Gute an der Sache, die Katastrophe ist keine stille Katastrophe mehr. Die Medien greifen das Thema endlich breit auf. Das Insektensterben ist vom Randthema in die Hauptspalten gerutscht, alle wissen nun, was Sache ist.
Als Beispiel diene hier ein Artikel in der "Bild-Zeitung" der Schweiz: https://www.blick.ch/life/natur/ihr-ver ... 28760.html

Und das Thema erreicht die Politik. Wie in Bayern wurde eine beachtliche Menge Unterschriften jüngst den eidgenössischen Räten überreicht.
Die Anliegen der Petition werden aktuell in der Umweltkommission des Nationalrats behandelt. Mit offenem Ausgang. Leider lassen andere Entscheide in Sachen Umweltschutz nicht gerade hoffen. Geld regiert die Welt - mit allen Konsequenzen. Es ist darum wohl alternativlos, dass endlich genug Leute aktiv werden, damit genug Druck auf Politik und Wirtschaft entsteht - und zwar bald, denn viele Schäden die jetzt und in naher Zukunft angerichtet werden, lassen sich nicht wiedergutmachen. Ausgestorben ist ausgestorben...

https://insektensterben.ch/
  • 3

„Doch vor allen Dingen:
Das worum du dich bemühst,
möge dir gelingen.“
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Mittwoch 13. Februar 2019, 19:44

@ Reber: Volle Zustimmung, das Thema ist tatsächlich im "Mainstream" angekommen.

Bei dieser Gelegenheit (und zur Erinnerung) einen Dank an den Entomologischen Verein Krefeld, dessen Mitglieder Insekten über 27 Jahre lang großflächig in Fallen sammelten und die Proben sorgfältig aufbewahrten. Dadurch ließen sich die sinkenden Bestände in Deutschland bei einer abschließenden Auszählung gut dokumentieren (FAZ-Bericht, 2016) - eine Grundlage dann für dieses wichtige Paper (2017). Das Paper gab dann auch den eigentlichen Anstoß: Erstmals belastbare Zahlen (in Form einer zusammenfassenden Statistik) über die dramatischen Ausmaße des Insektensterbens der letzten Jahrzehnte; "gut" und "erschreckend" genug, um sie über die Medien einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Weitere Studien sollten bekanntermaßen folgen.

Rückblickend (und alles zusammengenommen) also ein Erfolg! - Wenn denn jetzt auch wirklich konsequent gehandelt wird!

----------

btw: Der Thread hier besteht schon seit Sept. 2015. Wer von uns hätte damals gedacht, dass der von Merkur eröffnete Strang jemals eine solche Brisanz entwickeln würde...
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Freitag 15. Februar 2019, 14:15

Dieser Artikel aus dem "Pfaffenhofener Kurier" gibt mir gleich in mehrfacher Hinsicht zu denken:

Headline:
Paten für ein Stück Blütenparadies gesucht / 50 Quadratmeter für 25 Euro:
Hohenwarter Landwirt sät auf einem Hektar Land eine Blumenwiese an

Situation:
[..] Tatsache ist, dass vielen Landwirten das Volksbegehren "Rettet die Bienen" stinkt. Sie fühlen sich an den Pranger gestellt als diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass Insekten der Garaus gemacht und die Artenvielfalt dezimiert wird. Es sei ja leicht, sagt auch Birgmeir, mit einer Unterschrift das gute Gefühl zu bekommen, etwas für das Ökosystem getan zu haben. Aber reicht das? Geht da nicht mehr?

Mögliche (Teil-)Lösung:
[..] Der 34-Jährige [Landwirt] ist von seinem Angebot überzeugt: "Ich glaube, dass sich viele für die Natur engagieren möchten, aber sie tun's nicht." Weil sie zum Beispiel in der Stadt wohnen. Ihnen will der Vater von zwei Kindern die Möglichkeit geben, aktiv etwas zu unternehmen. Für sie bringt er im Frühjahr mit der Saatmaschine die von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft empfohlene Blühmischung aus, walzt den Boden, damit die Saat besser aufgeht - und dann überlässt er dieses Stück Land der Natur, den Bienen und Insekten. Dünger ist tabu. Wer will, ist herzlich eingeladen, sein kleines Blütenparadies wann immer er will zu besichtigen. Und natürlich darf man sich auch Wildblumen-Sträuße pflücken. Damit auch Kinder, die nicht auf dem Land aufwachsen, den ökologischen Kreislauf kennenlernen, hat Birgmeir vor, Schulklassen und Kindergärten Zertifikate für eine Stück Blühacker zu schenken.

Bisherige Erfolgsquote:
[..] Von den 10.000 Quadratmetern hat Birgmeir, seit er das Angebot ins Internet gestellt hat, bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe gerade mal 400 Quadratmeter verpachtet. An sechs Interessenten, zweimal je 100 und viermal je 50 Quadratmeter.

Quelle / Ganzer Artikel: https://www.donaukurier.de/lokales/pfaf ... 00,4081096

Ich finde die Aktion (incl. des mehrdeutigen Symbolcharakters) sehr gut! Und vielleicht wird daraus ja sogar mehr...
Bei Interesse kann man sich mit Herrn Birgmeir in Verbindung setzen, seine E-Mail-Adresse findet sich am Ende des verlinkten Artikels.
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Anon
 

Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Freitag 15. Februar 2019, 18:05

Das sieht auf den ersten Blick ganz gut aus. Aber den Kommentaren ist schon zu entnehmen, dass das Ganze ein „Gschmäckle“ hat. :roll:

Verpachtung für eine Saison: Woher kommen die Insekten, die sich da verköstigen sollen? (Bienenstöcke kann man natürlich in der Nähe aufstellen). Wo sollen die angelockten Insekten sich fortpflanzen? Wenn evtl. wegen mangelnder Rentabilität der Acker im nächsten Frühjahr wieder konventionell bearbeitet, gepflügt, gedüngt, je nach Anbau mit Pestiziden behandelt wird? Wenn Eier (von Heuschrecken etc.), Larven (von Käfern etc.), Puppen (von Schmetterlingen, Käfern u.a.) gnadenlos untergepflügt werden?
Natur benötigt für uns fast unvorstellbare Zeiträume, bis sie sich regeneriert! Bis dann z. B. bedrohte Wildpflanzen sich wieder ansiedeln können.

Nicht umsonst pachten üblicherweise Naturschutzorganisationen z. B. Wiesen für möglichst viele Jahre, wobei der Landwirt sich verpflichtet, die Wiese nur zu bestimmten Zeitpunkten zu mähen, damit die Wildpflanzen sich ausgesät haben.
Viele Wildbienen nisten im Boden, oder in stehen gebliebenen dürren Pflanzenstängeln. Das Heu ist am Ende der Saison weniger nahrhaft und wertvoll!
Wichtig ist auch eine gewisse Struktur der Wiese, mit z. B. ausgemagerten, eher offenen Flächen, für sich sonnende Eidechsen, Sandlaufkäfer, etc.. Pilze, Bodenbakterien und sonstige Bodenorganismen brauchen Zeit, viel Zeit, bis da ein naturnahes Ökosystem entsteht.

Tut mir Leid, aber so ganz begeistern kann ich mich nicht für die Idee! :(

MfG,
Merkur
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Freitag 15. Februar 2019, 18:51

Merkur hat geschrieben:Tut mir Leid, aber so ganz begeistern kann ich mich nicht für die Idee! :(

Das macht gar nichts! ;)

Mag sein, dass der Landwirt mit seiner Aktion eine Art "Nagelprobe" betreiben möchte: Kaum geht es dem (eben noch empörten) Bürger persönlich an den Geldbeutel, erlischt das Interesse am Natur- u. Umweltschutz schlagartig!

Er hat sein (provokantes?) Angebot bisher lediglich bei eBay Kleinanzeigen eingestellt, ein Anzeigenmarkt, dessen Klientel vor allem "billig" einkaufen möchte. Fragt sich, ob die Sache nun nicht doch noch ein "Erfolg" werden könnte, nachdem in einigen Medien etwas ausführlicher darüber berichtet wird. Und im Falle eines Erfolges der Aktion sollte einer mehr- u. langjährigen Patenschaft ja auch nichts mehr im Wege stehen...

Nachtrag: Link zum Angebot: https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anz ... 02-87-5830

---------
btw: Vor ungefähr 20 Jahren war alles noch ein bisschen anders: Wir haben damals ganz einfach "gesoffen"!
("Krombacher schützt den Regenwald!" / eine Kiste = ein Quadratmeter). Das waren Zeiten... :redface: ^^
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Anon
 

Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Merkur » Samstag 16. Februar 2019, 12:04

Man kann Naturschutz auch mit Spenden fördern, und zwar wirklich nachhaltig!
So zum Beispiel:

In 1987 erschien in der Zeitschrift TREE (Trends in Ecology and Evolution) eine Anzeige des amerikanischen Biologen Daniel H. Janzen mit dem Angebot, für 300,- US$ einen Hektar (10.000 qm!) Trockenwald im geplanten Guanacaste Nationalpark in Costa Rica zu kaufen. Einschließlich einem fünftausendstel Vulkan, einem eintausendstel Jaguar, und 1.000.000 Ameisen (!)...
Die Anzeige war so attraktiv, dass ich mich spontan entschloss, zuzugreifen. 300,- $ war damals für uns doch ziemlich viel Geld; aber das Finanzamt hat solche Spenden großzügig belohnt, so dass wir letztlich etwa die Hälfte erstattet bekamen. :)

Guanacaste136.jpg
In meinen alten Unterlagen fand ich noch diesen Brief an Daniel Janzen, vom Juli 1987.

Der Nationalpark wurde 1989 oder1991 offiziell eingerichtet (das Internet liefert unterschiedliche Angaben).
Im Feb./ März 1999 haben wir es dann mal geschafft, auf einer Urlaubsreise den Park zu besuchen und unseren „Besitz“ in Augenschein zu nehmen. :) Wir wurden nicht enttäuscht!

MfG,
Merkur
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Mittwoch 27. Februar 2019, 12:29

Zu meinem vorangegangenen Beitrag (klick) - und was aus der Aktion geworden ist:
Riesenerfolg für Bienen in Hohenwart / Eine spektakuläre Resonanz hat der PK-Beitrag über einen Hohenwarter Landwirt gefunden, der einen Hektar seiner Ackerfläche Öko-Paten zur Verfügung stellt. Gegen einen Mietpreis von 25 Euro pro 50 Quadratmeter sät er dort eine bienen- und insektenfreundliche Blühmischung aus. 85 Paten haben bisher zugesagt, jetzt will der Bauer einen weiteren Hektar Land für Bienen reservieren. [..]

Quelle: https://www.donaukurier.de/lokales/pfaf ... 00,4088518

Eine Win-win-win-Situation, von der alle Beteiligten profitieren! :)
  • 3

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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Teleutotje » Samstag 2. März 2019, 23:36

A very old article… 1980's...
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon swagman » Donnerstag 7. März 2019, 19:43

Emse hat geschrieben:Eine Win-win-win-Situation, von der alle Beteiligten profitieren! :)


Das hat nur keinen Wert für die Artenvielfalt. Durch solche Blühmischungen werden nur Honigbienen und einige wenige andere Generalisten gefördert, welche sowieso nicht gefährdet sind.
Die große und bedrohte Mehrheit der Insekten sind aber hochgradig spezialisiert. Ohne ihre spezifischen Nahrungspflanzen verschwinden sie einfach weiterhin. Da kann man Blühmischung ansähen wie man will.
Hierzu gibt es schon seit langem wissenschaftliche Studien.

Einzig standortangepasste, blütenreiche Wiesen aus autochthonen Arten würden über viel Jahrzehnte etwas für den Arterhalt leisten. Aber auch nur bei richtigen Management und nur vernetzt und im Verbund mit weitern Flächen. Insekten, selbst diejenigen die es wohl könnten, fliegen nicht über große Agrarflächen. Auch das wurde bereits wissenschaftlich belegt.

Also nur ein Gewinn für den Landwirt. Der kann zweimal Kassieren, vom ahnungslosen Bürger und von der EU.
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Zuletzt geändert von swagman am Donnerstag 7. März 2019, 21:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wo sind Igel, Fluginsekten und Schnecken geblieben?

Beitragvon Anon » Donnerstag 7. März 2019, 20:13

@swagman: Wahrscheinlich hast Du (und auch Merkur) wohl recht...

Schaut aber bitte mal hier - Infos zu den verwendeten (unterschiedlichen) Saatgutmischungen:

https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlan ... /index.php --> https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlan ... /index.php

Frage: Ändert das was an Deiner/Eurer Einschätzung?

(Resignierte) Grüße!
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