Lasius (Chthonolasius) sp. - Gründungsversuch (gescheitert)

Unterfamilie: Formicinae

Lasius (Chthonolasius) sp. - Gründungsversuch (gescheitert)

Beitragvon Reber » Freitag 28. August 2015, 21:19

Gestern fand ich eine nicht näher bestimmte Lasius-Gyne der sozialparasitären Untergattung Chthonolasius. Hier will ich einen kleinen Gründungsversuch dokumentieren.

Als "Wirtskolonie" dienen ca. 15 Lasius cf. niger, die ich mit wenig Brut "meiner" frei lebenden Kolonie auf dem Balkon entnommen habe. Die Tiere haben sich bereits nach wenigen Stunden in einem Reagenzglas ihr neues Nest eingerichtet. Besser währe wahrscheinlich eine etwas "eingefahrenere" Wirtskolonie, die steht mir allerdings nicht zur Verfügung. Obwohl die neue "weisellose" Kolonie in ihrer Umgebung noch unsicher ist, wollte ich nicht länger warten und die Gyne dazu zu geben, weil ich nicht weiss, wie lange sich die Gyne Zeit lassen kann. Ich legte sie also in ihrem Reagenzglas ebenfalls ins Behältnis, wo schon das RG der Wirtskolonie liegt.

Bereits nach 10 Minuten (!) konnte ich beobachten, wie die Gyne eine Lasius cf. niger Arbeiterin mit ihren Mandibeln tötete. Der Angriff blieb leider nicht unbemerkt und eine weitere Arbeiterin attakierte die Gyne, die darufhin die Flucht ergriff - die getötete Arbeiterin hat sie nicht losgelassen. Die Angreiferin verlor die Spur der Gyne. Diese lief aufgeregt unterhalb des Dosendeckels an den Seitenwänden. Möglicherweise ist der Behälter zu klein und die Gyne würde sich in der Naur weiter zurückziehen?
Da sich die Lage zu beruhigen schien, griff ich nicht weiter ein.

Nach weiteren 10 Minuten stellet ich allerdings grosse Aufregung fest: Mindestens 7 Arbeiterinnen jagten durch den Behälter und nach der Gyne. Diese versuchte panikartig auszuweichen (was ihr soweitauch gerade noch gelang). Um die Situation zu beruhigen, "evaquierte" ich die Gyne in einem seperaten Behälter. Die tote Arbeiterin hielt die Gyne weiterhin zwischen ihren Mandibeln!

Mittlerweile "bearbeitet" die Gyne die tote Arbeiterin: Diese liegt vor ihr auf dem Boden, wird aber immer wieder aufgehoben und betrillert, sowie mit den ersten zwei Beinpaaren berührt. Darauf wird sie losgelassen und es folgt eine Art Putzverhalten. Die Vorderbeine werden "abgeleckt" und aneinander gerieben, dann wird der Thorax bestrichen, weniger häufig wird die Gaster nach vorne gebogen und mit den Beinen überstrichen.

Ich lasse der Gyne jetzt noch etwas Zeit, bevor ich sie wieder in den Behälter mit der Wirtskolonie "wandern" lasse.
Chthonolasius sp mit getöteter Wirtsameise1.JPG
Die Gyne mit der eben getöteten Arbeiterin.
Chthonolasius sp mit getöteter Wirtsameise3.JPG
Die Gyne mit der eben getöteten Arbeiterin, unmittelbar bevor sie flüchtet.
Chthonolasius sp mit getöteter Wirtsameise2.JPG
Und hier im "Séparée"
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Re: Lasius (Chthonolasius) sp. - Gründungsversuch

Beitragvon Reber » Samstag 29. August 2015, 10:17

Die Gyne liess gestern immer wieder von der getöteten Ameise ab und durchrundete die kleine Box, kehrte dann aber wieder zur Arbeiterin zurück. Als diese "Ausflüge" nach etwa einer Stunde immer länger wurden, öffnete ich die Deckel beider Behälter und liess die Gyne zurückfinden (dabei hantierte ich mit ihrem Behälter so, dass sie nur in den mit den Hilfsameisen gelangen konnte. Den Versuch über Nacht durchzuführen war zwar ungünstig, aber da ich nicht wusste/weiss, wie lange der "Tarnduft" anhält, hatte ich mich dafür entschieden.

Als Königin drüben war, gab ich noch "ihr" Reagenzgals, welches ich noch mit der toten Arbeiterin bestückte, hinzu und verschloss den Deckel wieder. Die Gyne durchlief die Box lange in hohem Tempo. Sie schien das Nest zu suchen, wich aber Begegnungen mit L. niger Arbeiterinnen "im Freien" aus.

Nach einer weiteren Stunde sass die Gyne in "ihrem" Reagenzglas bei der toten Arbeiterin. Sie bearbeitete diese weiter und versuchte erneut, ihren Duft auf dem eigenen Körper zu verstreichen. An dieser Situation änderte sich drei Stunden lang nichts. Was dann genau geschah, entzieht sich meiner Kenntnis.

Aber der erste Kontrollblick heute morgen liess nichts Gutes ahnen: Die Chthonolasius befand sich in keinem der Reagenzgläser. Unter einem Blatt am Behälterboden fand ich dann schliesslich die leblose Gyne. Die Gründung ist gescheitert.

Die ersten Lehren aus diesem Versuch: Ich muss:
- einen deutlich grösseren Behälter anbieten, in dem sich die sozialparasitäre Art besser zurückziehen kann.
- für ein besser eingefahrenes Wirtsvolk sorgen (möglichwerweise fehlten Pheromonspuren zum Nest und das Volk war wegen der Umsiedlung, der kurzen Eingewöhnungszeit und en Störungen sicher in erhöhter Alarmbereitschaft).
- mehr Zeit einrechnen, damit ich wichtige Ereignisse nicht verpasse, allenfalls eingreifen kann.
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