Formica (Raptiformica) sanguinea

Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Mittwoch 28. Mai 2014, 17:20

Die blutrote Raubameise trägt ihre deutsche Bezeichnung zu Recht. Als einzige Formica sp. führt sie im Sommer immer wieder Raubzüge gegen Serviformica spp. durch, wobei nicht nur die Brut geraubt, sondern alle erreichbaren adulten Tiere getötet und als Nahrung ins eigene Nest geschleppt werden. Den frühesten Raubzug konnte ich vor einigen Jahren bereits Ende Mai beobachten, er führte deutlich über 100 m weit (vgl. SEIFERT S. 321) gegen ein Nest v. Formica fusca. Diese Art wird am häufigsten geschädigt, weil sie syntop mit F. sanguinea an Waldrändern siedelt. In fast allen Raptiformica-Nestern kann man diese Hilfsameise antreffen, da nicht die ganze Brut aufgefressen, sondern teilweise zu "Sklavendiensten" aufgezogen wird. Die Nestgründung erfoglt meist sozialparasitisch (ausgen. Nestteilungen) ebenfalls ganz vorwiegend bei F. fusca.
F. sanguinea ist eine häufige Art und kommt von den Niederungen bis ins Gebirge vor; überall werden gut besonnte Waldränder, Wegränder, Waldlichtungen und Rodungsinseln besiedelt. Bei hoher Nestdichte besteht die Gefahr, dass alle Serviformica-Nester in der Umgebung ausgelöscht werden. Die Nestanlagen sind sehr variabel, richtige Nesthaufen wie bei Formica s. str. werden nicht errichtet.
Die Art gilt als aggressiv und kann auch kleinere Nester ihrer nahen Verwandten Formica s. str. überfallen; trotz unzähliger Beobachtungen dieser Raub- u. Vernichtungszüge ist mir eine derartige Beobachtung bisher verwehrt geblieben.
Raptiformica kann man gut von anderen Waldameisen unterscheiden, unterschiedliche Verhaltensweisen, die Nestanlagen od. einfach die Färbung sind schon wichtige Hinweise; zuletzt hilft eine gute Lupe, mit der man den deutlich eingebuchteten Clypeus-Unterrand erkennen kann. Bei Bedrohung richtet sie nicht wie ihre Verwandtschaft die Gaster nach vorne um Gift auf Distanz abzuspritzen, sondern attackiert sofort, etwa nach dem Muster von Formica rufibarbis u. F. clara.
Die folgenden Bilder sind leider nur von mäßiger Qualtitä u. werden im Laufe der Zeit d. bessere Bilder ergänzt bzw. ersetzt.
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DSC01617.JPG
die lebhaften Insekten werden mit Honigwasser "ruhiggestellt".
DSC02531.JPG
Der Rotanteil der Färbung ist hoch, nur die Köpfe der Gynen können manchmal bis auf einen schmalen roten Streifen auf den Wangen dunkel sein
DSC02549.JPG
Dorsale Ansicht einer Gyne: Ein kräftiger Körperbau mit einer kleinen Gaster - schon ein Hinweis auf die Gründungsart!
DSC02539.JPG
Die Einbuchtung des Clypeus-Unterrandes ist erkennbar
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon kaputtinhollywood » Mittwoch 28. Mai 2014, 22:24

Bei Bedrohung richtet sie nicht wie ihre Verwandtschaft die Gaster nach vorne um Gift auf Distanz abzuspritzen, sondern attackiert sofort, etwa nach dem Muster von Formica rufibarbis u. F. clara.


Bezugnehmend auf Merkurs Aussage (s. viewtopic.php?p=2649#p2649), dass auch Formica sanguinea auch durch hervorstrecken der Gaster Säure verspritzt; tut sie dies in der Regel nicht oder zeigt sie dieses Verhalten nach deiner Beobachtung niemals?
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Donnerstag 29. Mai 2014, 09:08

Ich konnte die typische Drohgeste von Formica s. str. bei Raptiformica bisher nicht erkennen. Man kann nicht ausschließen, dass Verhaltensmuster für eine Art in Europa regional gewisse Abweichungen zeigen.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Merkur » Donnerstag 29. Mai 2014, 10:36

Ich habe eine ganz konkrete Erinnerung:
Vor vielen Jahren habe ich eine Rundfunkreporterin in die Streuobstwiesen von Darmstadt-Eberstadt geführt. Sie machte einen Bericht über Ameisen. Unter anderm habe ich ihr ein Nest von Formica sanguinea gezeigt, das ich von vielen Studenten-Exkursionen dort kannte. Es war der Aufhänger für ein paar Worte über Sklavenhaltung. Sie stellte Fragen, beschrieb, was sie sah, und ich gab die Erläuterungen. ;)
Wir kauerten vor dem Nest, und ich zeigte ihr, wie man bei Sonne im Gegenlicht das glitzernde Sprühen der Säure beobachten kann, wenn man die Hand knapp über das Nest führt.
Die Sendung vom SDR 1 in der Serie "Treffpunkt Natur" lief am 15. Juni 1995 von 12:05 bis 13:00. Titel war: "Die Waldmeister - Vom Leben und Arbeiten der Ameisen"

Aber die Diskussion hier hat mich jetzt echt verunsichert. :?: - Ich werde es bei nächster Gelegenheit überprüfen, und auch mal bei einem Formica (Coptoformica) exsecta - Nest vorbeischauen!

MfG,
Merkur
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Freitag 19. Juni 2015, 14:10

Gestern hatte ich anlässlich des ganztägigen Aufenthaltes im Ameisenland wieder Gelegenheit einen Raubzug v. Raptiformica zu beobachten (erst der dritte heuer!). Dabei sind mir 2 Dinge aufgefallen:

1. Nest: Dieses befand sich auf einem südexponierten Trockenrasen, es war oberflächlich kaum sichtbar: Ein paar Eingänge, etwas aufgeworfenes Erdmaterial und ein kleines Hügelchen (Höhe 5 cm, Breite 8 cm) aus Erde gemischt mit ein paar Grashalmen. Diese Nestform war mit jener von großen Nestern v. Serviformica rufibarbis in der Nähe praktisch ident. Auf den ersten Blick dachte ich bei dem eingangs erwähnten Nest an F. rufibarbis od. F. clara, bis ich ein paar F. fusca aus dem Nest kommen sah! Ich hatte den Eindruck, es handle sich um ein relativ kleines Nest, bis ich die ersten Arbeiterinnen mit Brut zw. den Mandibeln anmarschieren sah und auf eine mittelgroße Population schließen musste.
Damit hatte sich meine vor vielen Jahren geäußerte These, dass Raptiformica keineswegs immer mehr od. weniger große Hügel baut, wieder bestätigt. Ich kann mich erinnern, ich wurde damals von einigen usern darauf hingewiesen, dass Raptiformica immer Hügelbauten besitze und zu den Hügelbauenden Waldameisen gehöre. Nun, klar ist, dass Raptiformica zu einer eigenen Untergattung von Formica gehört und so gesehen keine "echte" Waldameise ist.
2. Abwehrverhalten: Ich habe vor vielen Jahren meine Beobachtung mitgeteilt, dass Raptiformica ein gänzlich anderes Verhalten in der Abwehr möglicher Feinde aufweist: Es gibt nicht die Drohhaltung mit gespreizten Mandibeln und nach vorne gerichteter Gaster zum möglichen Abspritzen von Ameisensäure. Das wäre auch ein klares Unterscheidungsmerkmal gegenüber Formica s. str.
Anderslautende Beobachtungen von Merkur haben mich verunsichert. Daher habe ich heuer schon einige Male und gestern wieder dieses Verhalten getestet. Ergebnis: Raptiformica zeigt dieses für Formica s. str. geradezu typische Verhalten in keiner Weise (zumindest nicht an den getesteten Nestern in Kärnten, Steiermark).
Ich kann im Gegenteil deutliche Verhaltensparallelen zwischen den Nestbewohnern v. F. sanguinea und F. rufibarbis feststellen: Beide Arten eilen bei einer Neststörung wie auf Kommando in großer Zahl aus den Nestöffnungen und stürzen sich unvermittelt auf den (vermeintlichen) Störenfried. Auch in der Färbung gibt es deutliche Ähnlichkeiten zw. den Arten. Eine einzelne große F. rufibarbis Arbeiterin mit gänzlich rotem Mesosoma und 8 mm Körperlänge ist (mit freiem Auge) nicht leicht von einer mittelgroßen F. sanguinea zu unterscheiden.
Nebenbei: Der Raubzug richtete sich wieder gegen ein volksstarkes Nest v. F. fusca und es wurde reichlich Beute heimgetragen, Puppen v. Arbeiterinnen, Geschlechtstieren u. etliche tote Ameisen.
L.G.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Sonntag 21. Juni 2015, 13:46

Fotografischer Vergleich zw. F. sanguinea und F. rufibarbis (Fotos v. Sohn Roman)
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IMG_3862.JPG
F. sanguinea
IMG_3705.JPG
F. rufibarbis
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Dienstag 30. Juni 2015, 20:58

Heute am Nachmittag fand ich eine dealate Gyne auf einem Feldweg. Dort gibt es in mindestens 100 m Entf. kein Nest der Art. Das Schwärmen hat begonnen, noch rasch ein Fototermin in der Beobachtungsbox, dann geht`s ab in die Freiheit. Die Gynen der Art sind unverwechselbar:
1. Die Gaster ist auffallend klein, vergleichsweise eher noch kleiner als jene von Formica s. str.
2. Der Thorax ist meist weitgehend rotstrot bis orangerot gefärbt. Es gibt aber auch dunkle Individuen mit deutlich dunklen Streifen am seitlichen Mesonotum.
3. Die ausgeprägte Maske von Formica s. str. fehlt: Der Übergang von den rötlichen Wangen zur dunklen Stirn ist fließend.
4. Zuletzt im Zweifel die Einbuchtung am vorderen Clypeusrand.
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DSC00103.JPG
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Xeras » Sonntag 3. Juli 2016, 09:57

Super Berichte , danke Dir an dieser Stelle.
Gibt es vielleicht irgendwo Fotos von den Männchen dieser Art ?
MfG Xeras
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Sonntag 3. Juli 2016, 15:36

Hallo Xeras!
Ja, schade, dass Männchen generell in der Literatur und bei Abbildungen so nebensächlich behandelt werden! Ich kenne nur KUTTER, der sich generell der sehr mühevollen taxonomischen Zuordung von Männchen gewidmet hat.
Ich habe Fotos v. Männchen v. F. sanguinea, sie sind aber recht alt (2008) und von mäßiger Qualität. Ich stelle sie aber trotzdem ein, besser als gar nichts! Männchen von Formica s. str. und auch Raptiformica sind sie alle schwarz gefärbt (mit Ausnahme der Beine) und in der Natur sicher nicht auf Artniveau zu bestimmen. Sie sind etwa gleich groß wie die Weibchen.
L.G.
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Rapti Stutt (3).JPG
Männchen v. Raptiformica in der Beobachtungsbox
Rapti Stutt (13).JPG
Gyne und Männchen v. Raptiformica
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Xeras » Sonntag 3. Juli 2016, 19:09

Vielen Dank für Deine Mühen.
Ich habe in meinen "Bio-Abfall-Natur-Becken" nun Männchen.Auf der einen Seite kann es sein dass es die ersten Geschlechtstiere aus einer erworbenen Kolonie sind.Auf der anderen Seite ist es wieder rum so , dass ich oft die Überreste aus meinen "Raubzügen" die ich für meine Elvira mache, hinein werfe.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Xeras » Donnerstag 7. Juli 2016, 08:00

Im welchen Werk vom KUTTER könnte man es nachlesen. Habe im Netz gesucht aber nichts konkretes im Bezug auf die Männchen gefunden.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Teleutotje » Freitag 8. Juli 2016, 06:59

There are many determination guides/books that include males, this since the 60's... but most aren't online. So, Kutter's book but also Boer, van Boven, Seifert, Bernard... One you can find is van Boven's book for Belgium. You can find it on AntCat...
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Teleutotje » Freitag 8. Juli 2016, 07:01

Oh yes, Bernard's is also on AntCat....
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Teleutotje » Sonntag 10. Juli 2016, 15:39

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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Sonntag 2. Juli 2017, 08:17

Gestern war ich bei schönem Wetter unterwegs und habe die Raubzüge von Polyergus rufescens geschildert ( viewtopic.php?f=46&t=569 ). Am gleichen Weg konnte ich in der Zeit zwischen 17:00 und 18:30 gleich zwei Raubzüge von Raptiformica beobachten. Einer der beiden Raubzüge war ungewöhnlich lang, sodass ich beschloss die Distanz mittels großer Schritte auszumessen. Schon vor einigen Jahren hatte ich einen Raubzug von gut 120 m abgeschritten und habe diese ungewöhnliche Distanz mit den Angaben bei SEIFERT verglichen: ..."Überfälle durch meist 600 - 2000 Arbeiterinnen umfassende sanguinea-Abteilungen auf bis 50 m entfernte Nester..."
Auch dieser Marsch war wieder deutlich über 100 m lang, wobei bereits wegen der ungenauen Messung ein paar Meter abgezogen wurden. Daher steht für mich nun fest: Raubzüge von Formica (Raptiformica) sanguinea können bis deutlich über 100 m entfernte Wirtsnester erreichen.
L.G.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Merkur » Sonntag 2. Juli 2017, 08:55

Hier im AP ist zum Thema Raubzüge von Formica sanguinea bereits einiges zu lesen, u. a. über Beobachtungen von R. Brun und H. Kutter (1947 und 1949): viewtopic.php?f=47&t=287#p8435
Ein Großraubzug von Formica sanguinea über 170 Meter!
Beide Beiträge sind online:
http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=se ... 47:20::757
http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=se ... 49:22::622

MfG,
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Montag 1. Januar 2018, 13:37

Ich habe in der Literatur eine Bestätigung meiner Feststellung gefunden, wonach F. sanguinea ein anderes Drohverhalten an den Tag legt als Formica s. str. (Diskussion beginnend mit meinem Beitrag v. 28. Mai 2014 in diesem Thread). Gut, F. sanguinea ist keine "echte" Waldameise und kann daher durchaus andere Verhaltensweisen an den Tag legen.

Bei STITZ S. 319 (mir ist klar, dass sich der Autor auf verschiedene Quellen beruft, die er auch anführt!) fand ich folgende Textstellen, die ich zitiere:
"Die Raubameise vereinigt in ihrem Charakter die Stärke von F. rufa mit der Gewandtheit von F. rufibarbis."
"Sie ist sehr angriffslustig, verteidigt ihr Nest, beißt kräftig und spritzt ihr Gift gegen den Feind, ohne, wie es F. rufa tut, den Hinterleib nach vorn zwischen die Beine zu krümmen."
L.G.
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Merkur » Montag 1. Januar 2018, 18:25

Hallo Boro,

"...und spritzt ihr Gift gegen den Feind, ohne, wie es F. rufa tut, den Hinterleib nach vorn zwischen die Beine zu krümmen." (Stitz)
Wie aber spritzt eine Formica das Gift gegen den Feind, ohne ihm die Gasterspitze und auch die Hauptsinnesorgane zuzuwenden? :?:

Ich wollte das ja seit der früheren Diskussion in diesem Thread längst mal überprüfen. Hatte es nicht vergessen, aber irgendwie nie die passende Gelegenheit gefunden. Bin nicht mehr oft in geeigneten Habitaten, und dann muss es warm und möglichst sonnig sein, um den Strahl gut zu sehen.
Handelt es sich vielleicht nur um eine etwas weniger hoch angehobene Gaster als bei Formica s. str.? - Gegen andere Ameisen muss man ziemlich waagerecht schießen. Formica s. str. spritzen bei "Feind von oben" (z. B. Specht) auch schräg bis senkrecht nach oben. Ob hierin die unterschiedlichen Auffassungen/ Darstellungen begründet sind?

MfG,
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Reber » Dienstag 2. Januar 2018, 15:09

Ich denke, dass hier gemeint sein könnte, dass Formica sanguinea ihr "Gift" direkt auf den Feind sprühen, in welchen sie sich auch verbeissen. Dazu müssen sie die Gaster natürlich auch vorbeugen. Aber eben nicht, wie es die echten Waldameisen tun, bereits vor dem Zubeissen (Drohhaltung), damit sie die Ameisensäure aus Distanz auch gegen grosse Feinde "aus der Luft" einsetezn können.

Ich erlaube mir hier mal ein Bild von Fruchtiger aus diesem Beitrag zu verlinken, welches die für Formica s. str. Arten typische Drohhaltung zeigt:
Bild

Ich kenne einige Neststandorte von Formica sanguinea und werde dies heuer gerne ausprobieren.

Wäre es allenfalls möglich, dass es regionale Unterschiede im Verhalten gibt? Bei der Nestform ist F. sanguinea ja sehr variabel, bzw. es hängt oft von der Sklavenart ab, wie das Nest schlussendlich ausschaut. Wäre es sogar möglich, dass F. sanginea kleine/schwache, zB. sich in Gründung befindende Waldameisennester ausraubt? Dann würden die überlebenden Sklaven ihre natürliche Abwehrhaltung einnehmen?
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Re: Formica (Raptiformica) sanguinea

Beitragvon Boro » Mittwoch 3. Januar 2018, 14:24

Ja, die von Reber genannte Möglichkeit wäre noch im Detail zu überprüfen. Vorläufig gehe ich davon aus, dass sie das Gift - ähnlich wie die nahe Verwandtschaft Serviformica - auf kurze Distanz direkt auf den Gegner aufspritzen. Wenn sie einmal zugebissen haben, ist der (relativ gute) Sehsinn Nebensache. Formica rufibarbis (noch besser F. clara) scheint mir da ein geeignetes "Vergleichsobjekt" zu sein. Überhaupt habe ich subjektiv im Verhalten bei F. sanguinea immer ein Naheverhältnis zu F. rufibarbis feststellen können. In Einzelfällen kann es passieren, dass man auf den ersten Blick eine große F. rufibarbis (selbst nachgemessene 7,5 mm) kaum von einer etwa gleich großen sanguinea unterscheiden kann. Im Detail helfen dann rasch die Einbuchtung am unteren Clypeusrand und Behaarungsunterschiede! Damit ist noch nicht gesagt, dass Verhaltensunterschiede über weite Distanzen nicht auftreten können.
Vielleicht könnte die Regel so heißen: Formica s. str. spritzt Gift und beißt dann zu, Raptiformica beißt zu und spritzt dann Gift......
L.G.
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