Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Art

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Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Merkur » Samstag 15. April 2017, 17:12

Hallo ETF,

Leptothorax acervorum können gewöhnlich keine Beine von Artgenossen abbeißen. Allenfalls Ausreißen nach längerem Zerren ist möglich.
Bei einer arbeiterinlosen Inquiline, Leptothorax goesswaldi, haben die Gynen eine spezielle Technik entwickelt um während der Koloniegründung im Wirtsnest (L. acervorum) den Wirtsköniginnen die Antennen abzuschneiden: viewtopic.php?f=50&t=79&p=13484&hilit=goesswaldi#p13484 (Mi Jan. 25, 2017).

Bei Harpagoxenus sublaevis könnte man spekulieren, dass die „Rettung“ von Artgenossinnen nützlich wäre: In den Völkern leben gewöhnlich weniger als 40 Harp.-Arbeiterinnen, maximal knapp 100. Allerdings macht ein Volk nur gegen 4-5 Raubzüge pro Jahr (geschätzt nach der Zahl geraubter Puppen in Freilandnestern in der Saison), so dass sich die Verluste doch sehr in Grenzen halten dürften.

Die Untersuchungen an Harpagoxenus sublaevis haben wir in den Jahren 1968 bis 1983 gemacht, nach dem Aufbau von Zuchtlinien mit gynomorphen bzw. intermorphen Königinnen, bis wir die genetische Grundlage für deren Königinnen-Polymorphismus nachgewiesen hatten. (Winter, U., Buschinger, A. (1986): Genetically mediated queen polymorphism and caste determination in the slave-making ant, Harpagoxenus sublaevis (Hymenoptera: Formicidae). Entomol. Gener. 11, 125-137.)
Siehe: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Har ... _sublaevis (dort auch Literaturangaben).

Danach musste ich die weitere Haltung der Reinzuchtvölker beenden, da sie zu arbeits- und zeitaufwändig war. (Leider fand ich keinen Interessenten für die vielen Völker; Internet, wo ich sie hätte öffentlich anbieten können, gab es noch nicht).

Inzwischen bin ich 76, bin seit 2005 im Ruhestand und habe kein Labor mehr. So ist mir die Haltung von Ameisen nur noch sehr begrenzt möglich.
Meines Wissens wird zurzeit auch sonst nirgends an den Sklavenhaltern der Formicoxenini gearbeitet. Zuletzt hat sich Frau Prof. S. Foitzik (Uni Mainz) noch mit dem amerikanischen Sklavenhalter Protomognathus americanus befasst. - Die Amazonenameisen (Polyergus) sind beliebter! ;)

MfG,
Merkur

Edit: Habe noch mal nachgesehen, ob das genannte Verhalten irgendwo schriftlich festgehalten wurde:
In ihrer Diplomarbeit hat meine damalige Kandidatin das „Beißer“-verhalten kurz beschrieben. Später, während ihrer Doktorarbeit, wurde es
bei sehr vielen Raubzugversuchen immer mal beobachtet.
img040-web.jpg
aus der Dipl.-Arbeit U. Winter, S. 63
U. Winter (1976): Untersuchungen zur Dulosis, insbesondere zum Raubzugverhalten derAmeise Harpagoxenus sublaevis (Nyl.),
Diplomarbeit am FB Biologie der THD.
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon ETF » Mittwoch 19. April 2017, 16:34

Danke für die tolle informative Antwort!

Ja das ist auch mein Verdacht warum man bei den meisten Sklavenhaltern noch nicht so ein Verhalten beobachtet hat. Zum einen sind die Wirtsvölker meistens zu schwach um verletzungen zuzufügen und zweitens machen die Sklavenhalter viel zu selten Raubzüge im Jahr damit sich eine geringe Anzahl an verletzten wirklich auf die Kolonie fitness auswirken könnte (M. analis macht z.B. im Jahr circa 1100 Raubzüge mit circa 3000-5000 Verletzte pro Jahr). Mir fällt zumindest keine Sklavenhalter Art ein wo man so ein Rettungsverhalten erwarten könnte.

Trotzdem ein sehr interessantes Verhalten, wenn ich mal die Chance hab werd ich mir dass glaub ich mal genauer anschaun.

Danke,
ETF
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Reber » Sonntag 7. Mai 2017, 16:31

Jetzt berichtet auch die FAZ über Megaponera analis.

Bei bestimmten Ameisen können sich Verletzte und anderweitig Gehandikapte allerdings auf eine Art Rettungsdienst verlassen. Das haben Wissenschaftler um Erik Thomas Frank und Thomas Schmitt aus dem Team von Karl Eduard Linsenmair an der Universität Würzburg bei Forschungsaufenthalten im Norden der Elfenbeinküste beobachtet. In einer Feuchtsavanne des Comoé- Nationalparks studierten sie die Ameisenart Megaponera analis, die es auf Termiten abgesehen hat.


http://www.faz.net/aktuell/wissen/leben ... 95859.html

Zuvor schon die NZZ, samt interessantem Video:
https://www.nzz.ch/wissenschaft/soziale ... -ld.108590

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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Phil » Sonntag 7. Mai 2017, 23:17

Ich habe in meinen neusten Video auch eine Aufnahme des Helferverhaltens. Viel Spaß beim Anschauen!


Grüße, Phil
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Reber » Mittwoch 14. Februar 2018, 10:31

"Ameisen als Wundärzte"

Neue Medienmitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zum Thema. Am Rande wird bemerkt, dass Dr. Erik T. Frank das Projekt an der Universität Lausanne in der Schweiz weiterverfolgen wird.

Ameisen kümmern sich intensiv um die Wunden, die ihre Artgenossen bei Kämpfen davongetragen haben. Im Tierreich dürfte dieses Verhalten einzigartig sein.

Die afrikanischen Matabele-Ameisen (Megaponera analis) versorgen die offenen Wunden ihrer Artgenossen – und sind dabei ziemlich erfolgreich. Ohne die Behandlung sterben 80 Prozent der Verletzten, nach der „wundärztlichen“ Versorgung sind es nur noch zehn Prozent.

Das haben Erik T. Frank, Marten Wehrhan und Karl Eduard Linsenmair von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) herausgefunden. Ihre Ergebnisse sind im Journal „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht. Es sind keine anderen Insekten bekannt, die bei ihren Artgenossen die Wunden pflegen. Die Würzburger Biologen gehen sogar davon aus, dass dieses Verhalten im gesamten Tierreich so noch nicht beobachtet wurde.

Raubzüge mit hohem Risiko für Leib und Leben

Im Alltag der Matabele-Ameisen ist das Verletzungsrisiko sehr hoch: Die südlich der Sahara weit verbreiteten Tiere gehen zwei bis vier Mal am Tag auf Raubzüge. In Kolonnen aus 200 bis 600 Tieren ziehen sie los, überfallen Termiten an ihren Futterstellen, töten dort viele Arbeiter und schleppen sie zurück ins Nest, wo sie die Opfer letztendlich fressen.

Die Soldaten der Termiten mit ihren gut gepanzerten Köpfen und kräftigen Kieferzangen nehmen diese Überfälle aber nicht kampflos hin. Wenn sie zur Schlacht antreten, gibt es bei den Ameisen Tote und Verwundete – oft werden ihnen zum Beispiel die Beine teilweise abgebissen. Sind die Ameisen derart verletzt, sondern sie einen Signalstoff ab. Und der bringt ihre Artgenossen dazu, die Verwundeten zurück ins Nest zu tragen. Dieses Rettungswesen hat Erik T. Frank schon 2017 beschrieben.

Nun haben die Würzburger Biologen weitergeforscht: Was passiert mit den Verletzten, sobald sie ins Nest zurückgebracht wurden? Sie werden dort behandelt: Die Ameisen „lecken“ intensiv und oft minutenlang die offenen Wunden ihrer Kampfgenossen. „Wir vermuten, dass sie auf diese Weise die Wunde säubern und mit dem Speichel eventuell sogar antimikrobielle Substanzen auftragen, um die Gefahr von Infektionen mit Pilzen oder Bakterien zu verringern“, erklärt Frank.

Schwerverletzte bleiben auf dem Schlachtfeld

Das Team vom Biozentrum der JMU hat noch weitere spannende Details im Rettungswesen der Matabele-Ameisen gefunden. So wird schwerverletzten Ameisen, denen zum Beispiel fünf ihrer sechs Beine abgebissen wurden, auf dem Schlachtfeld nicht geholfen. Die Entscheidung, wer gerettet wird und wer nicht, treffen dabei allerdings nicht die Helfer, sondern die Verletzten selbst.

Leichtverletzte Ameisen verhalten sich ruhig und ziehen sogar noch ihre verbliebenen Beine an, um den Abtransport zu erleichtern. Anders sieht es bei Schwerverletzten aus: Sie gebärden sich sehr wild und schlagen regelrecht um sich. „Sie kooperieren einfach nicht mit den Helfern und werden dann zurückgelassen“, sagt Frank. Die aussichtslosen Fälle sorgen also selbst dafür, dass keine wertvolle Energie in ihre Rettung investiert wird.

Leichtverletzte verhalten sich ruhig

Sind Matabele-Ameisen nur leichtverletzt, bewegen sie sich viel langsamer als normal, sobald potenzielle Helfer in der Nähe sind. Mit diesem Verhalten erhöhen sie vermutlich die Chance, von der zum Nest zurückeilenden Kolonne bemerkt und mitgenommen zu werden. Eventuell können die Ameisen den „Rettet-mich-Signalstoff“ einer Verwundeten leichter lokalisieren, wenn diese ruhig bleibt.

Neue Forschungsfragen tun sich auf

Aus den neuen Erkenntnissen ergeben sich weitere Fragen: Wie erkennen die Ameisen, wo genau ein Artgenosse verwundet wurde? Wie wissen sie, wann sie mit der Wundversorgung aufhören können? Erfolgt die Behandlung rein prophylaktisch oder – falls es zu einer Infektion kommen sollte – auch therapeutisch?

Diese und andere Fragen wird Erik T. Frank an der Universität Lausanne in der Schweiz weiterverfolgen. Dort forscht er seit Anfang Februar 2018 als Postdoc. Seine Doktorarbeit an der JMU hat er vor kurzem erfolgreich abgeschlossen.


https://idw-online.de/de/news689012


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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Anon » Freitag 16. Februar 2018, 15:52

Glückwunsch an Erik T. Frank (hier im Forum ETF) zum bestandenen Doktortitel!

Der BR zeigt eine interessante Fotostrecke zum Thema:
Wie Matabele-Ameisen angreifen und verarzten / https://www.br.de/themen/wissen/ameisen ... 868fb.html

Besonders aufschlussreich finde ich die Vorher-Nachher-Bilder der erfolgten Wundbehandlungen!
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Anon » Freitag 18. Mai 2018, 11:14

Neues von Erik T. Frank, (edit, so viel Zeit muss sein: Philipp O. Hönle, K. Eduard Linsenmair) und den Forschungen an Matabele-Ameisen:

"Auf dem schnellsten Weg trotz Umwegen"

[..] Matabele-Ameisen finden im Alleingang die schnellste Route zum Ziel, selbst wenn sie dabei vom direkten Weg abweichen müssen.

Für die Ameise lohnen sich Umwege, wenn sie dafür auf günstigerem Terrain unterwegs sein können. Bei ihren Versuchen hat das Team um Frank um ein Nest der Matabele-Ameisen (Megaponera analis) herum glatte und grasbestandene Flächen angelegt. Den Vorteil der glatten Flächen wussten die Späher-Ameisen zu nutzen: Die von ihnen markierten Straßen führten in rund 60 Prozent der Fälle zumindest teilweise über das einfachere Geläuf und brachten der Kolonie im Schnitt eine Zeitersparnis von über einem Drittel gegenüber dem direkten Weg ein.

Das war kein Zufall, so die Forscher im »Journal of Experimental Biology«. Das Verhalten der einzelnen Späher-Ameisen lasse sich am besten durch die Suche nach dem schnellsten – und nicht dem kürzesten – Weg beschreiben. [..] / Quelle: https://www.spektrum.de/news/auf-dem-sc ... en/1565708

[..] „Von anderen Ameisenarten ist bekannt, dass sie mit Hilfe verschiedener Orientierungsmechanismen den kürzesten Weg von einer Futterstelle zurück zum Nest finden können“, sagt Erik Frank. Offenbar verfügen die Matabele-Ameisen über noch komplexere Navigationsfähigkeiten, die es nun weiter zu erforschen gilt. [..] / Quelle: https://www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/ ... ns-ziel-1/


Megaponera analis: Eine echte Super-Ameise! :D
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Zuletzt geändert von Anon am Freitag 18. Mai 2018, 21:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Merkur » Freitag 18. Mai 2018, 17:19

Zu den Navigationsfähigkeiten der Matabele-Ameisen

Den Originalartikel habe ich noch nicht gelesen, nur die Inhalte der beiden von Emse verlinkten Beiträge.
Was mir als erstes einfällt: Es ist seit langer Zeit bekannt, dass Ameisen „topisch kanalisiert“ laufen, das heißt, dass sie auf langen Wegstrecken gerne glatte Wege benutzen. Das kann ein liegender Baumstamm sein (den sie erst erklettern müssen), oder eine Fahrspur am Waldrand (bei Waldameisen bis 150 m gemessen!), die sie vom seitab liegenden Nest aus erreichen, über einen „Umweg“. Auch die Bäume mit Pflanzenläusen liegen dann oft etliche Meter seitab von der "Schnellstrecke". Diese Tatsache ist also nicht neu.
Ein zweiter Gedanke (von dem ich auch nicht weiß, ob die Autoren ihn in der Diskussion behandelt haben):
Eine Späher-Ameise (Kundschafter, Scout) hat keine Landkarte „im Kopf“, und sie wird auch nicht mehrere Wege zu einem einmal entdeckten Ziel austesten, bevor sie dorthin rekrutiert.
Wenn mehrere solcher Scouts z. B. nach einer Futterquelle suchen, in verschiedenen Richtungen, evtl. notgedrungen Hindernissen ausweichend, ist m. E. zu erwarten, dass eine davon als Erste ein Ziel entdeckt und als Erste spurlegend zum Nest zurückfindet.
Damit ist ein Weg für weitere Ameisen aufgezeigt, dem sie folgen, und den sie im Erfolgsfall auch weiter bespuren.
Aber ich möchte den Autoren nicht Unrecht tun; vermutlich haben sie sich das auch überlegt.

MfG,
Merkur
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Phil » Freitag 18. Mai 2018, 21:44

Hallo,

schön, dass hierher gefunden hat. Das Paper war meine damalige Bachelorarbeit, weshalb ich mit Erik zusammen Erstautor bin. Danke für die interessanten Denkanstöße.
Was mir als erstes einfällt: Es ist seit langer Zeit bekannt, dass Ameisen „topisch kanalisiert“ laufen, das heißt, dass sie auf langen Wegstrecken gerne glatte Wege benutzen.

Ja, das stimmt. Unpublizierte Freilandbeobachtungen von uns zeigen, dass die Scouts gerne die Wege entlang laufen. Das ist sicher eine gute Erklärung dafür, dass die Raubzüge im Allgemeinen näher entlang der Straßen lokalisiert waren als eigentlich zu erwarten wäre. Es war fast ein wenig ärgerlich für uns, da Strecken auf denen sie nur die Straße gelaufen sind für das Model 'unbrauchbar' war (da in solchen Fällen die schnellste Strecke auch die kürzeste Strecke ist). Das allein reicht aber nicht aus um zu erklären, wie die Scouts den 'perfekten' Winkel ermitteln, bei dem sie von der Straße ins Gras einbiegen.

Wenn mehrere solcher Scouts z. B. nach einer Futterquelle suchen, in verschiedenen Richtungen, evtl. notgedrungen Hindernissen ausweichend, ist m. E. zu erwarten, dass eine davon als Erste ein Ziel entdeckt und als Erste spurlegend zum Nest zurückfindet.

Wir wissen nur sehr wenig über den Rekrutierungsprozess, vor allem wie im Nest über einen potenziellen Raubzug entschieden wird. Es ist nicht so, als wären unglaublich viele Scouts unterwegs, pro Nest nur einige wenige (ich glaube es war irgendwas zischen 10 und 20 Tieren, aber ich kann mich nicht mehr sicher erinnern). Und irgendwann im Laufe des Tages macht das Nest einen, vielleicht keinen, manchmal fünf Raubzüge. Man sieht häufig Scouts 'spurend' zum Nest zurückkehren, ohne dass darauf ein Raubzug folgt. Ich möchte ein solches 'Scout-Konkurrrenz' Verhalten nicht ausschließen, halte es aber für unwahrscheinlich, dass es wesentlich zum Mechanismus beiträgt.
Eine Späher-Ameise (Kundschafter, Scout) hat keine Landkarte „im Kopf“, und sie wird auch nicht mehrere Wege zu einem einmal entdeckten Ziel austesten, bevor sie dorthin rekrutiert.
Stimme zu, und das wird auch entsprechend im Paper kurz abgehandelt.
Man muss bedenken, dass das Paper für das Journal recht kurz gehalten werden muss - meine Bachelorarbeit war über 40 Seiten lang, das Paper hat kaum die Hälfte. Viele 'Spekulationen' mussten daher rausgestrichen werden, der Inhalt etwas konzentrierter verarbeitet.

Grüße, Phil
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Anon » Samstag 19. Mai 2018, 11:11

Unter dem Strich also (mehr oder weniger) "nur" normales Verhalten von Ameisen bei der Wegfindung?

(edit: Abgesehen von einigen besonderen - teils noch näher zu erforschenden - Beobachtungen zum Rekrutierungs-verhalten?)

(edit2: Leider ist von der Studie nur die Zusammenfassung des Inhalts (Abstract) zu lesen: http://jeb.biologists.org/content/early ... jeb.174854)
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Phil » Samstag 19. Mai 2018, 15:11

Die Fähigkeit von Megaponera analis Scouts die zeitoptimierte Routenwahl zu treffen ist bislang bei Ameisen absolut einzigartig (wie so vieles bei dieser Ameisenart!). Einzigartig ist nicht das Ergebnis (zeitoptimierte Route), sondern der Mechanismus (alle bisher bekannten Beispiele sind durch kollektive Entscheidungsprozesse entstanden - bei M. analis ist es die Entscheidung eines Einzeltieres). Ich wäre jedoch nicht überrascht, wenn man ein ähnliches Verhalten bei Ameisen mit vergleichbarer Lebensweise (evtl. einige der 'Termitopone' Arten in Südamerika wie Neoponera laevigata) entdeckt.
Eine frühe Version des Papers findet sich kostenlos zum Download auf Research Gate: https://www.researchgate.net/publicatio ... era_analis

Grüße, Phil
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Phil
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Anon » Samstag 19. Mai 2018, 18:43

Hallo Phil,

vielen Dank für die Antwort(en) und den Link zum Paper!

Bin auf weiter-führende Forschungen zu dem Thema (und Berichte darüber) mehr als gespannt! :)
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Re: Megaponera: Ameisen als Rettungssanitäter der eigenen Ar

Beitragvon Merkur » Mittwoch 3. Januar 2024, 11:51

Zu diesem bereits langen und informativen Thread gibt es eine Fortsetzung:

Ameisen heilen Wunden mit Antibiotika
https://phys.org/news/2022-09-medicine- ... duals.html

Matabele ants-recognise-infecte.jpg
aus dem verlinkten Artikel
Die afrikanischen Matabele ant (Megaponera analis) ist auf Termiten als Beute spezialisiert. Schon länger ist bekannt, dass sie auf ihren Raubzügen verletzte Individuen ins Nest zurücktragen um sie dort „gesund zu pflegen“.
Nun zeigt sich, dass sie die Wunden (z. B. Stumpf eines abgetrennten Beines) belecken und dabei antibiotische Substanzen aufbringen.
Die Wundbehandlung ist in unterschiedlichen Populationen der Matabele verschieden intensiv, z. B. geringer, wo kleinere und weniger wehrhafte Termiten erbeutet werden und Verletzungen dadurch seltener vorkommen. Es soll untersucht werden, wie weit solches Verhalten bei anderen sozialen Tieren evtl. ebenfalls beobachtet werden kann.
Natürlich werden bei den Ameisen abgetrennte Extremitäten nicht regeneriert. Die Wundbehandlung führt nur dazu, dass die verletzte Stelle nicht infiziert wird.

MfG,
Merkur
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