Die Neugier hat gewonnen - für 95€ + 10€ Versand ist der "Billigdrucker" bei mir aufgeschlagen. Das kann man ruhig halbwegs wörtlich nehmen: Ein oder zwei Teile sind etwas beschädigt, drei Kleinteile fehlten komplett. Kein guter erster Eindruck, aber sehen wir mal weiter.
Entgegen z.B. dem Bausatz des Prusa i3 Pro B, ist der günstige Nachbau zum Großteil bereits assembliert. Man hat einige große Teile zu verschrauben, montiert Kleinteile (Kopf, Lüfter, Motherboard, Netzteil) und verkabelt das Ganze. Die Anleitung kann man hierbei beinahe komplett ignorieren: Wer noch nie einen 3D Drucker gebaut hat und mindestens eine leicht höhere Begabung für technische Werke hat, dürfte ordentlich schwitzen. Etwa stimmt die Anleitung bei der Motherboardverkabelung einfach nicht, da ein ganz anderes Board geliefert wurde. Powerschalter wurde (nach Rückfrage des Anbieters) deshalb keiner geliefert, weil er eingespart wurde - stattdessen ist eben ein- und ausstecken angesagt. Für jene, die es interessiert: Kaltgerätebuchse + Schalter und Sicherung gibts beim großen Internetanbieter für etwa 6€ und ist schnell nachgerüstet
Zum Glück habe ich ein großes Lager an Elektronikbauteilen und konnte daher den Drucker komplettieren während die Ersatzteile auf dem Weg sind (ich melde mich dann nochmal ob die auch wirklich ankommen - der Support des Anbieters ist jedenfalls schnell, sofern man auf Englisch schreibt).
Nach der initialen Eichung (Z-Achse offset einstellen, Heizbett nivellieren) habe ich einen Testdruck mit einem X/Y/Z-Calibration-Cube (20mm) gemacht. Das Ergebnis war besser als erwartet, hatte allerdings einen "Elephants foot" und over-extrusion. Die Temperatursteuerung ist wesentlich ungenauer als beim Pro B, d.h. die Einstellunge 215°C Nozzle und 70°C Heizbett hat beim Heizbett zu beinahe 90°C geführt, was die Deformation erklärt. Die Filament-Movement Variable habe ich von 105 auf 100 reduziert und den Würfel mit 200°C/60°C nochmal gedruckt. Ergebnis: Sehr schön, hatte ich so nicht erwartet. Ganz wenig Z-Wobble (~0.1-0.2mm).
Danach fingen allerdings die Probleme an: Mehrere Drucke musste ich abbrechen, da plötzlich die Abstände zum Bett nicht mehr stimmten. War mir ein Rätsel, aber nachdem ich das dritte mal alles kalibriert hatte, habe ich die Mechanik nocheinmal geprüft, und siehe da: Die Z-Achse links hat ein Problem, denn die Gewindestange rutscht manchmal durch die Nuss und die Achse fällt an dieser Seite 1-2mm ab. Sobald das 1-2 mal geschehen ist, ist Chaos vorprogrammiert. Gleich nochmal die Teile reklamiert, auch hier warte ich auf Ersatz.
Die bisher gelungenen Drucke sind allerdings unerwartet gut. Ein sehr, sehr großer Unterschied ist allerdings die Lautstärke: Wo ich den Pro B fast gar nicht hören kann, rattert, schleift und knattert der jüngere Kolllege wie wahnsinnig. Die Riemen etwas lockern und alle Lager großzügig schmieren hat etwas geholfen, aber besser wäre wohl gute Lager zu kaufen und diese zu tauschen.
Wenn man ein Bastler mit Geduld ist, der sich auch vor mehrfachen Reklamationen nicht scheut und einige Ersatzteile bereit liegen hat, kann man sich dieses Gerät als Zweitdrucker anschaffen. Wobei die Lautstärke dafür spricht, es eher im Keller zu betreiben als im Wohnzimmer
Sobald die Ersatzteile da sind und die letzten Kinderkrankheiten beseitigt wurden, werde ich ein endgültiges Fazit abgeben. Anzumerken wäre noch, dass mit Versand und etwas 20€ für bessere Teile (Lager, Z-Koppler, ...) bereits fast der Preis eines qualitativ wesentlich höherwertigen Prusa i3 Pro B in der Holzausführung (149€) erreicht ist. Der ist zwar viel mehr Bastelarbeit, klingt aber dann nicht wie ein Kleinmotorrad beim Berg hochfahren