Die Sandwespe Ammophila: Ein Hymenopter mit Köpfchenhttps://www.ameisenforum.de/die-sandwes ... 22529.html Unter diesem Titel habe ich am 6. August 2004 einen Bericht im Ameisenforum gepostet.
Die beiden Bilder dazu sind „verschwunden“, wie so viele in jenem Forum.
Eines kann ich hier noch einfügen:
- Sandwespe beim Graben
Der Beitrag von Reber hat mich wieder an diese Geschichte erinnert, und ich denke, sie wird manchem hier im AP noch unbekannt sein.
Der damalige Text:
Es gibt Insekten mit Manager-Qualitäten! In Erinnerung gerufen wurde mir das kürzlich wieder einmal in meinem “Freiland-Formikarium”, gleich auf der Terrasse hinter dem von mir bewohnten Ytong.
Da stehen ein paar Töpfe und Kästen mit Kakteen, schlecht gepflegt, trotzdem “dankbar” blühend.
In einem der Kästen und drum herum ist eine Grabwespe der Gattung
Ammophila zu Gange. Immer wieder kratzt sie kopfüber im Sand, dann folgt ein Rundflug von knapp 30 cm Durchmesser, schon ist sie wieder am Graben.
Mit ihren gewaltigen Mandibeln greift und trägt sie den Aushub weg und lässt ihn fallen. Sinn der Sache ist, dass beim Graben nicht wie bei vielen Ameisen ein auffälliger Krater oder Hügel entsteht, der Fressfeinde anlocken könnte.
Schlau, wie? Aber die Sandwespen können noch viel mehr.
In den Bau trägt sie eine durch Stich gelähmte Raupe und legt ein Ei daran. Danach verschließt sie die Röhre mit einem passenden Steinchen und scharrt sie zu. Zum Schluss werden noch Blättchen u.a. Material aus der Umgebung ganz “zufällig” über dem Eingang verteilt;
volle Tarnung.
Aber die junge Larve braucht Futter, die erste Raupe ist bald aufgezehrt. Also muss Mama gelegentlich das Ganze aufgraben, nach dem Rechten sehen, zugraben, eine neue Raupe beschaffen, aufgraben, Raupe eintragen, zugraben, zustampfen, tarnen. Schon ganz schön viel, was nacheinander in exakter Folge zu tun ist. Dazu muss sie noch entscheiden, ob die junge Larve nur eine kleine Raupe, oder später eine größere braucht. Und ganz zum Schluss bringt sie ein paar Raupen zugleich, die als Nahrungsvorrat bis zur Verpuppung der Wespenlarve reichen. Dabei wird der Nesteingang dann endgültig verschlossen, indem die Wespe das Material mit einem Steinchen, das sie in den Mandibeln hält, unter heftigen, senkrecht geführten Stößen des ganzen Körpers feststampft.
Werkzeuggebrauch!.Noch immer ist es nicht genug: Die Sandwespe legt nämlich sogar nacheinander mehrere Niströhren an, jede mit einem einzelnen Ei, und jede mit der Verpflichtung, regelmäßig nachzusehen, nachzufüttern, usw.. Morgens werden alle Niströhren inspiziert, und die Wespe merkt sich dann, in welche sie während des Tages eine kleine, eine größere, oder eine ganze Gruppe von Raupen bringen muss.
Das erfordert schon fast einen
Terminkalender. Mancher Normalbürger unserer eigenen Art wäre damit komplett überfordert. Und doch hat das ganze komplizierte Verhalten Platz in dem kleinen Köpfchen!
Schließlich muss man sich auch die
exakte Lage der einzelnen Brutröhren merken.
Die Wespe lernt dazu die Lagebeziehungen bestimmter, größerer Objekte in deren Umgebung.
Ammophila campestris oder
A. pubescens sind Paradebeispiele für die Verhaltenslehre. In Größe und Färbung sind sie vergleichbar mit einer
Myrmecia-Königin. Aber im Verhalten fällt diese doch ganz gewaltig ab gegenüber einer solchen Sandwespe!
Das alles ist in einschlägigen Lehrbüchern natürlich nachzulesen. Aber es “in echt” auf der eigenen Terrasse zu verfolgen, ist dann doch noch mal was anderes!
MfG,
Merkur
PS: Hier ist noch ein Bildbericht aus 2009, von „Rolande“, der eine Sandwespe beim Eintragen einer Raupe zeigt:
https://www.antstore.net/forum/gemeine- ... 12247.htmlNachtrag: Wikipedia bringt einige Unterschiede zwischen den drei in D heimischen Sandwespen-Arten
Ammophila campestris, A. pubescens und
A. sabulosa, vgl. den Folgebeitrag von Reber (Danke!).
In 2004, als ich den Beitrag über „meine“ Sandwespen im Kakteenkasten schrieb, habe ich nicht zwischen diesen differenziert. Wenn ich mich recht erinnere, enthielt Wikipedia damals nichts Ausführliches über diese Arten: Ihre „Versionsgeschichten“ beginnen 2008 bzw. 2009.
H. Bellmann erschien 1995. Ich besitze die Auflage von 2005, die nur
A. sabulosa enthält. Ansonsten habe ich aus der Erinnerung Einzelheiten aus Lehrbüchern der Entomologie bzw. Ethologie ergänzt. Mein Bericht ist also nicht ganz aktuell; in den 12 Jahren seither hat sich einiges getan! – Aber der Zweck wurde erreicht: Die Leser neugierig machen und auf eigene Beobachtungsmöglichkeiten hinweisen!