ich möchte mich mit euch über einen Aspekt der Ameisenhaltung austauschen, der mir bislang eher verborgen blieb. Ich möchte über unterschiedliche Motive für die Ameisenhaltung sprechen.
Für mich sind Ameisen einfach interessant. Eine Königin zu besitzen, für sie zu sorgen und nach mehreren Jahren eine große Kolonie zu haben ist einfach ein tolles Erlebnis. Ich habe über die Jahre natürlich einige Arten gehalten, bei nicht allen ist mir die Haltung gelungen. So wird die Liste der Arten länger, ich wurde klüger und sicherlich würde ich einiges heute nicht mehr tun, was ich einst tat. Immer jedoch war mein Motiv, für die Tiere zu sorgen und mich an ihrem Wohlergehen zu erfreuen. Und je länger ich die Tiere halte, desto mehr rückte für mich in den Fokus naturnahes Verhalten zu ermöglichen. Mein Motiv ist kein Trost für die Tiere, die es dabei nicht schafften. Ist mein Motiv legitim? Ich habe zumindest immer mein bestes für die Tiere gewollt. Und trotzdem bin ich dabei, aus Sicht der Tiere, sicherlich egoistisch.
Besonders im Zuge der unterschiedlichen Discordserver bin ich etwas aus meiner "Isolation" herausgetreten. Ich habe die Haltung von Ameisen nie komplett aufgegeben, auch als ich mich hier Jahre nicht zeigte. Ich hatte meine Kolonie und gut ist. Was brauchte ich noch? Und nun sehe ich Dimensionen des Ameisenhandels, die mich immer wieder aufs neue überraschen. Wie viele Shops, Privathändler und Ebayanzeigen es zu Ameisen gibt hat mich umgehauen. Was für Arten gehandelt, gehalten und zu welchen Preisen über den Tisch gehen. Arten, die ich aus der Welt der Foren lange als sehr selten und kaum zu bekommen ansah. Illegale Exporte aus China, Tiere aus Australien, Südamerika sind so häufig verfügbar, es ist nur eine Frage des Preises und des Willens, den Mausklick zu tätigen. Das klingt jetzt fast etwas kriminell, aber das ist es nicht. Nicht aus europäischer Sicht. Und ich habe mich gewundert, wo diese Nachfrage herkommt, wer diese Unmengen an Kolonien kauft. Und wo sie bleiben. Denn ganz ehrlich, es ist ein Nischenhobby. Es wächst stark durch YouTube und Co., doch es ist eines.
Und nun kommt der Punkt, auf den ich hinaus wollte. (Sry fürs ausholen): Die Sammelleidenschaft der Menschen. Die Eingangs beschrieben Erlebnisse mit einer Kolonie, für deren Wohlbefinden zu sorgen. Eine Bindung aufbauen, die Tiere gedeihen zu sehen. Es ist, es mag für jeden anders sein, in meinem Herzen gar nicht so viel Platz für so viele Kolonien. Das ist etwas, was ich bei vielen Haltern im Discord kaum bis gar nicht erkennen kann. Halter tauschen munter Kolonien, schicken sie umher. Leisten Ersatz durch Geld o. andere Tiere, falls mal eine Kolonie dabei draufgeht. Das sind nicht alle, und das Motiv der (guten)Haltung ist sicherlich bei allen vorhanden. Nicht ohne Grund sind naturnahe Formicarien, deren Einrichtung und die Geschichten darüber ein Evergreen der YouTubeszene. Ich frage mich manchmal nur, zu welchem Anteil dies bei einigen Haltern vorliegt. Denn zu besagten Evergreens gehört auch das Zelebrieren von Konsum: Diverse Unboxingvideos, Rundgänge bezüglich der unzähligen Arten, die man besitzt etc. Und das sind dann Teilweise Stapel von RG`s und Ferreroboxen.
Sicherlich: Ich habe auch den Wunsch nach neuen Kolonien. Ein ums andere mal sehe ich mich in der Versuchung, Tiere zu kaufen. Doch ich frage mich dann immer: Wozu? Was bringt mir die kurzfristige Freude über den Konsum? Wo komme ich hin, mit einer weiteren (in ein paar Jahren) riesigen Kolonie? Werde ich dadurch meinen anderen Tieren noch gerecht? Verdienen sie nicht meine volle Aufmerksamkeit?
Die Fragen muss jeder selbst beantworten. Doch ein ums andere Mal empfinde ich die Discordserver wie Tauschbörsen für Paninisticker. Wie leichtfertig, beliebig über Anschaffung, Tausch und Vergehen der Kolonien berichtet wird. Wie schnelllebig das ganze ist, wie oft es um Anschaffung geht, wie selten um die jahrelange Pflege und genaue Beobachtung, Geduld und Hingabe. Und wie jung das Publikum ist, was sich durch viele Arten oft auch profilieren will. So scheint es. 14 Jährige mit Blattschneidern und div. anderen Exoten, die "vor 1 1/2 Jahren schon mal Ameisen gehalten haben, dann aber keine Lust mehr hatten und nun wieder anfangen".
Und wie eingangs beschrieben: Ich habe Fehler in meiner Haltergeschichte gemacht. Und viele andere sicherlich auch. So wie diese Menschen auch. Und welche Motivation legitim ist, ob eine legitimer ist als die andere, das ist wohl Ansichtssache. Aber: Für mich muss zu aller erst die langfristige Sorge für das Tier im Mittelpunkt stehen. Und das sehe ich oft nicht. Ich habe das Gefühl, Ameisenhaltung war mal was für Liebhaber. Auch wenn es schon immer welche gab, die mehr Arten hielten als andere. Aber ist es das noch? War es das je? Wie seht ihr das? Als was für einen Halter identifiziert ihr euch? Welches Motiv leitet euch und warum?
Grüße
Krabbel
P.S.: Ich habe einen Kater und hatte leichte Schwierigkeiten gute Sätze zu formulieren. Bitte verzeiht etwaige Unzulänglichkeiten.
