Moin,
dann schreibe ich auch mal was zum Thema: Ist Campnotus ligniperdus eine Art, welche man Einsteigern in die Ameisenhaltung empfehlen sollte? Ich denke nicht. Meine Meinung basiert sowohl auf eigenen Erfahrungen (auch wenn die nach einem Jahr noch nicht allzu groß sind), sowie diversen Themen in den Foren.
Unabhängig von der Frage, wie einfach C. ligniperdus zu halten ist, muss berücksichtigt werden, dass das Wachstum dieser Art äußerst schleppend ist. Gerade wenn man nur mit der Königin beginnt, wird man in den ersten 1-2 Jahren kaum größere Aktivität haben. Aber doch genau das ist es doch, was sich die meisten Einsteiger vorstellen und wünschen: Ameisen die die oft liebevoll gestaltete Anlage erkunden.
In Anbetracht dieser Tatsache könnte man dem Einsteiger eben zu einer größeren Kolonie raten, aber auch hier zeigen sich, die Foren waren diesen Sommer voll von solchen Fällen, erhebliche Schwierigkeiten in der Haltung. Kolonien die schon im Juni, Juli oder August auf Wintermodus schalten, das ominöse „Totlaufen“ etc. Diese Art scheint, obwohl einheimisch, doch gewisse Ansprüche zu haben. Genauere diesbezügliche Diskussionen findet man in allen Foren.
Nun zu meiner persönlichen Erfahrung: Zwei Königinnen, äußerst imposante und schöne Tiere, dieser Rossameisen-Art ließ ich diese Jahr gründen. Beide hatten, als ich sie bekam schon Brut. Anfangs verlief alle planmäßig, bis die Entwicklung der Larven irgendwann einfach aufhörte, und das schon irgendwann im Juni/Juli. Machte ich etwas falsch? Ich experimentierte mit höherer und niedrigerer Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Kein Erfolg. Wenn nicht in den Foren von vielen ähnlichen Fällen die Rede gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gesagt, dass ich irgendetwas falsch mache, aber so blieb das Verhalten ein Rätsel. Die „Ausbeute“ war somit recht mager: Insgesamt nur eine Arbeiterin bei zwei gründenden Königinnen. Hätte ich nicht noch weitere Kolonien gehabt, bei denen es etwas zu sehen gibt, hätte meine Faszination für Ameisenhaltung sicherlich etwas gelitten. Viele Einsteiger würden sie womöglich sogar an den Nagel hängen.
Allerdings ließ ich auch noch zwei weitere Camponotus-Arten gründen; C. cruentatus und C. nicobarensis, also eine südeuropäische und eine asiatische Art. In beiden Fällen verlief die Gründung weitaus erfolgreicher. Zwar gab es bei der cruentatus-Kolonie anfänglich auch ein paar Probleme, allerdings verlief die Entwicklung danach vollkommen unproblematisch und, vor allem weitaus schneller, als ich es erwartet hatte. Mit den Puppen die momentan vorhanden sind, werden es bis zur Winterruhe ca. 25 Arbeiterinnen werden. Nun muss ich aber auch sagen, dass die Aktivität so einer kleinen Kolonie noch sehr gering ist und vor allem Nachts stattfindet. Daher wäre einem Einsteiger auch bei dieser Art eher zu einer größeren Kolonie zu raten, womit auch mögliche Probleme in der Gründungsphase ausgeschlossen werden. Als klaren Vorteil gegenüber einheimischen Arten sehe ich, dass die Winterruhe verkürzt ist (3-4 Monate) und die Ameisen während dessen weiterhin im (unbeheizten) Zimmer gehalten werden können.
Bei den C. nicobarensis verlief die Gründung mit Abstand am unkompliziertesten. Vor fast genau 4 Monaten erhielt ich eine Königin mit drei Arbeiterinnen; heute geht dessen Zahl stark auf die 100 zu (die Muße zum genauen Zählen habe ich momentan nicht). Das Wachstum dieser Art ist wirklich unglaublich. Damit verbunden ist natürlich ein hoher Futterbedarf und somit auch eine hohe Aktivität auch bei noch kleinen Kolonien. Allerdings ist diese Art vorwiegend dämmerungs- bzw. nachtaktiv. Aber auch die Aktivität am Tage nimmt mit steigender Arbeiterinnenzahl immer mehr zu. Dazu kommt, ein Grund warum ich mich für diese exotische Art entschieden habe (denn ich sehe mich nach einem Jahr auch immer noch als Anfänger), dass sie anspruchslos sind, und das in allen Belangen. Eine Wärmequelle für die kälteren Monate und genügend Futter, mehr braucht es nicht. Mich persönlich hat diese Art bislang vollkommen überzeugt. Daher würde ich jedem Einsteiger empfehlen sich etwas näher mit dieser Art zu befassen und sie in die engere Auswahl zu nehmen.
Das sind meine persönlichen Erfahrungen. Bei anderen sieht es vielleicht vollkommen anders aus. Immerhin handelt es sich um lebende Tiere, die auch ohne direktes Verschulden des Halters einfach mal sterben können. Aber die Tendenzen in den Foren und im Austausch mit anderen Haltern bestätigen eher mein persönliches Empfinden.
Schlussendlich muss jeder selbst entscheiden, mit welcher Art er beginnt. Unsere Aufgabe in den Foren ist es aber, ihn auf Anfrage objektiv über Vor- und Nachteile der jeweiligen Arten zu beraten; dabei sollten persönlich Präferenzen keine Rolle spielen.
Beste Grüße,
Diffeomorphismus