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Camponotus ligniperda im Naturformicarium

BeitragVerfasst: Dienstag 26. Juli 2022, 14:13
von Krabbeltierfan
Meine C. ligniperda leben in einem naturbelassenen Formicarium.

Wie ich es eingerichtet habe: Ich habe mir einen Mischwald am Rande der Stadt angeschaut, der zwar forstwirtschaftlich und als Naherholungsgebiet genutzt wird, jedoch eine ausgeprägte Streuschicht und einen ordentlichen Anteil an Totholz aufweist. Der Wald hat Nadel- sowie Laubbaumabschnitte. Je nach Zeitpunkt der Anpflanzung ist der Wald teils sehr schattig und dicht, teils aber auch sehr licht. In einem solchen lichten Abschnitt konnte ich Camponotus cf. ligniperda beobachten. Für die Einrichtung des Formicariums habe ich Material aus dem Wald verwendet. Die anwesenden Forstarbeiter waren damit einverstanden, dass ich zwei verrottende Holzteile mitnehme. Davon gibt es in dem Wald reichlich.

Als Erdteil dient ein Gemisch aus Sand, Lehm und Erde. Sand zum Strecken, Lehm für die Festigkeit und Erde für die Pflanzen. Das scheint sehr gut zu funktionieren. Auf den Bodengrund legte ich links die verrottende Holzscheibe und rechts den verwitterten Stumpf, der schon beim Transport fast auseinander fiel und einen eigenen Erdanteil aufweist. Beide Mitbringsel hatten erwartungsgemäß Bewohner: Springschwänze, Asseln, 2 Hundertfüßer, ein paar sehr kleine Spinnen die Netze bauen und viele ganz kleine Wesen, die ich einfach nicht ansatzweise einordnen kann. Dazu gehören auch diverse Milben usw. Ich habe alle am Leben gelassen und alle durften auch in das Formicarium. Meine Kolonie C. ligniperda, zu dem Zeitpunkt ca. 70 Tiere, wurde Zugang gewährt. Sie konnten sich den Zeitpunkt des Umzugs aussuchen. Zusätzlich habe ich noch Samen essbarer Gartenpflanzen eingestreut und natürlich auch diverse kleine Pflanzen aus dem Wald bekamen mit dem Umzug ihre Chance.

Mein Formicarium steht an einem nach Osten ausgerichteten Fenster, was fast immer auf "Kipp" steht. So kommen deutliche Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht zustanden. Besonders bei Sonneneinstrahlung erwärmen sich die Holzbestandteile im Formicarium. Der große Anteil an feuchter Erde ermöglicht den Tieren eine Zuflucht in kühlere Bereiche, allerdings scheinen sie eher das Gegenteil anzustreben. Die Handyfotos, die ich unten anfüge, sollen einen groben Eindruck an einem bewölkten Tag geben.

Generell bin ich sehr zufrieden. Auch wenn man auf den "ersten Blick" wenig erkennt, so ist bei genauem Hinsehen das Gegenteil der Fall: Die Ameisen verhalten sich ganz anders, als in steriler Haltung. Sie interagieren mit anderen Tieren, indem sie zum Beispiel Nahrung gegen freche Asseln sichern. Sie nutzen das Profil von Holz und Boden um sich "wegzugucken", sobald sie die Bewegungen des Halters bemerken, gehen dann aber alsbald beruhigt weiter. Sie haben viele kleine und verborgene Gänge durch Holz und Erde. Immer wieder gibt es unterschiedliche Baustellen und Bewegungen. Sie unterhalten diverse Standorte und verändern ihre Position. Nicht immer kann ich nachvollziehen, woran das liegt. Manchmal tragen sie Holz oder Erdbrocken herum. Sie sind stets aktiv und hungrig. Die Kolonie wächst eindeutig, genauere Zahlen kann ich natürlich nicht nennen.

Sie fühlen sich sicher. Tote gab es bislang 2 Tiere (in diesem Jahr). Soweit kann ich das nachvollziehen. Scheint ok.
Es gibt wohl keine Probleme mit den Spinnen und den Hundertfüßern. Die Asseln sind dreist, scheinen das Nest jedoch zu meiden (Sie weichen Arbeiterinnen an den Eingängen aktiv aus und ziehen sich zurück).

Bei Sonneneinstrahlung werden die C. ligniperda richtig schnell. Dann ist besonders der hoch aufragende Holzstamm ihr Revier. Außerhalb sehe ich keine Brut. Innerhalb gibt es jedoch sicherlich viele Hohlräume, entsprechenden Aushub kann ich ausmachen.

Vorteil dieser Haltung ganz klar: Die Tiere leben so, wie sie es möchten. Sehr naturnahes Verhalten kann beobachtet werden.
Nachteil: Kontrolle. Genaue Informationen lassen sich kaum ermitteln. Man kann höchstens die generelle Entwicklung der Kolonie ablesen, nicht jedoch die genaue Anzahl an Brut etc.

Aber ist cool.
Grüße
Krabbel

Edit: Fragen, Anmerkungen und Kritik gern direkt hier im Thread.

Re: Camponotus ligniperda im Naturformicarium

BeitragVerfasst: Dienstag 26. Juli 2022, 15:16
von Steffen Kraus
Hallo Krabbel,
endlich mal ein Haltebericht, wie man es machen sollte!
Es ist zwar nicht wichtig, aber ganz nach meinem Geschmack.
Du scheinst das schon länger zu machen?
Hoffen wir, viele Neulinge lesen das und machen es genau so nach!
Gruß, Steffen

Re: Camponotus ligniperda im Naturformicarium

BeitragVerfasst: Dienstag 26. Juli 2022, 16:21
von Krabbeltierfan
Hallo Steffen,

dieses Formicarium ist seit dem Frühjahr eingerichtet.
Generell habe ich sowas schon öfter gemacht. Naturnahe Formicarien sind einfach sehr interessant. Auf Grund der Größe und der Waldmaterialien hat dieses hier einen Besatz, der scheinbar besonders stabil läuft. Ich hoffe, dass ich es gut über den Winter bringen kann. Ein bisschen Isolationsmaterial und eine geschützte Terrasse sollten genügen. Zumindest nächstes Jahr sollte die Kolonie in dieser Umgebung noch genug Platz finden.

Zu der Bewertung von Merkur: Ja, das ganze Zeug wächst wie verrückt. Ich muss beinahe täglich zurückschneiden. Pflanzenabfälle dienen als Futter für Destruenten und verschwindet beinahe sofort. Trotzdem wächst ab und an ein Blatt über das Talkum, gerade gestern waren aus diesem Grund drei Arbeiterinnen in meiner Wohnung. Kein Drama, aber kann passieren.

Grüße
Krabbel

Re: Camponotus ligniperda im Naturformicarium

BeitragVerfasst: Donnerstag 28. Juli 2022, 15:19
von Krabbeltierfan
Hey,

Im Winter einfach vertrocknen lassen?
Ggf neu setzen im Frühjahr?


Ich würde tatsächlich einfach neue Samen verteilen. Das habe ich dieses Jahr auch gemacht und die Pflanzen wachsen so verdammt schnell, dass die ruhig Saisonal bleiben können. Ob sie vertrocknen weiß ich nicht, ich werde das Becken schließlich feucht halten, aber ihre Lebenszeit ist im Winter dann sicherlich trotzdem vorbei.

Diese Haltung ist auch keine Lösung für eine riesige Kolonie, die so ein Becken natürlich vollends zerlegt. Aber C. ligniperda wächst zum Glück nicht so stark, ein Problem für die Zukunft.
Und es sind keine Messor spec., die alles vollscheißen und zerkauen :)

Grüße
Krabbel