Ich hatte den beiden Königinnen Ch1 und Ch2 versuchsweise einige Male winzige Tröpfchen Honigwasser zur Verfügung gestellt.
Ch1 war „standhaft“ und hat den Honig nie angerührt.
Ch2 hat mehrfach in kurzer Zeit das Tröpfchen aufgenommen; im Schälchen war absolut nichts mehr erkennbar, es fühlte sich nicht einmal mehr klebrig an.
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Protokoll:
23. 07. 14: Nach sehr hohen Temp. (29-30°C) beide kurzfristig in Keller, 20°C. Ch1: hat eine Nacktpuppe, 1 Vorpuppe, ca. 10 Eier. Nimmt nichts vom Honigwasser.
In Ch2 waren am 21. 07. eine „verkrüppelte“ Puppe und 1 Vp; beide jetzt gefressen, Kön. hat ca. 10 Eier, ist sehr dick, nimmt auch seit Tagen vom Honigwasser.
25. 07. 14: CH1 hat 2 Puppen und ca.10 Eier. Geht nicht an Honigwasser.
Ch2 hat nur noch ca. 10 Eier, ist dick vollgefressen! Nimmt immer Honigwasser und hat wohl die geschädigte P und Vp gefressen. Beide bei max. 25°C nebeneinander.
29. 07. 14: Unverändert. Ch1 hat 2 (Nackt-)Puppen und ca. 10 Eier; die Gaster sieht „normal“ aus.
Ch2: Hat ca. 10 Eier; die Gaster ist unverhältnismäßig lang und dick.
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<< Achtung: Ab hier wird wild spekuliert! Bitte noch keinerlei Schlüsse ziehen! Evtl. eigene Versuche anstellen!>>
Überlegungen:
Die Jungköniginnen haben seit dem letzten Sommer/Herbst im Nest gelebt und wurden dort verpflegt. In dieser Zeit sollte ihr Verdauungstrakt „normal“ funktioniert haben.
Ab dem Hochzeitsflug sollten sie bis zum Erscheinen der ersten Arbeiterinnen keinerlei Futter aufnehmen. Das kann bei Camponotus bis zum nächsten Frühjahr dauern, zumindest aber über ein paar Monate.
In dieser Zeit sollte der Verdauungstrakt (Mittel- und Enddarm) „stillgelegt“ sein, sollte keine Verdauungsenzyme sezernieren; wozu auch?
Wenn nun eine Königin in der Haltung Futter angeboten bekommt, und es aufnimmt, müsste der Verdauungsprozess „reaktiviert“ werden, müssten Enzyme produziert und Nahrungsbestandteile resorbiert werden.
Kann dies dazu führen, dass so eine Königin dann auch „Appetit“ auf Protein-Nahrung bekommt, dass sie evtl. geschädigte Brutstadien (zu hohe Temperaturen, s. Protokoll) frisst?
Wird durch Nahrungszugabe zur Unzeit der Verdauungstrakt vorzeitig in den „Betriebszustand“ versetzt, so dass immer wieder zugefüttert werden muss und dass evtl. Brut gefressen wird?
Findet sich hier eine Erklärung für einige der so oft beobachtete „Probleme“ in der Gründungsphase?
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Diskussion:
- Ich berichte hier über zufällige Beobachtungen an nur zwei Gründerköniginnen. Dies ist natürlich viel zu wenig, um verlässliche Schlüsse zu ziehen. Ein Vergleich von jeweils 5, besser 10, gefütterten bzw. hungernden Königinnen wäre sinnvoll. Sieht jemand die Möglichkeit dazu? – Die Königinnen müssten vom selben Schwarmflug und möglichst vom selben Tag und natürlich von derselben Art sein.
- Es geht hier auch um Camponotus herculeanus, deren Königinnen als Adulte im Nest bereits Futter verdaut haben, dann aber während der Koloniegründung eine teils sehr lange Hungerphase durchleben.
- Wie sieht das z. B. bei Lasius niger aus? Ihre Königinnen werden, falls überhaupt, nur wenige Tage im Mutternest noch gefüttert (Genaues weiß man nicht!). Die Hungerphase in der Koloniegründung beträgt nur ca. 6 Wochen.
Es gab in den Foren ein paar Ansätze, L. niger mit und ohne Futter gründen zu lassen, stets mit dem Ziel, die Anzahl der produzierten Arbeiterinnen zu vergleichen. Ob dabei auch auf evtl. Brutfraß kontrolliert wurde?
Ich wiederhole: Grundlage dieses Beitrags sind dürftige Daten und wilde Spekulation.
Dennoch könnte die Hypothese, dass bei vorzeitiger Fütterung der Verdauungstrakt vorzeitig (re-)aktiviert wird, bei sorgfältiger Überprüfung interessante Ergebnisse liefern. Schade, dass ich kein Labor mehr habe…..

MfG,
Merkur