Die Winterruhe ist angebrochen, die Ameisen stehen im Kühlen und es gibt nicht viel zu tun für die Halter einheimischer Arten. Der perfekte Zeitpunkt um sich allen möglichen Gedankenspielen hinzugeben und mögliche Erweiterungen der Anlagen zu planen.
In den letzten Tagen ist mir immer wieder ein Gedanke gekommen. Ist es möglich Formica fusca und Lasius flavus in einem Gemeinschafstbecken zu halten?
Weit her geholt ist die Idee nicht, denn momentan halte ich beide Arten (HBs hier im Forum). In beiden Fällen sind es keine Gründerkolonien mehr und sie sind jeweils mit einigen Hundert

Ein Freund hat seine Schildkrötenhaltung aufgegeben und hat mir ein großes Aquarium überlassen (100*80*80). Durch Schlauchverbindungen würde das Becken mit den externen Nestern der Kolonien verbunden werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist das ganze selbstverständlich erstmal nur eine Überlegung.
Ich möchte auf jedenfall weiterhin Aquarienkies als Untergrund nutzen, da dieser Bodengrund in meinen Augen viele Vorteile bietet. Für ein Gemeinschaftsbecken wäre das aber wohl nicht so optimal. Eine differenzierte Streuschicht hingegen würde viele Versteckmöglichkeiten bieten, aber auch das Risiko das Lasius flavus in die Arena zieht. Hier könnte eine Kombination Abhilfe schaffen. Kies als Untergrund, bedeckt von einer feinen Streuschicht. Einrichtung mit Hölzern und Steinen kommt natürlich auch noch hinzu.
Aber wie steht es um die beiden Arten, die im Mittelpunkt des Gedankenspiels stehen?
Beide Arten sind dafür bekannt gegenüber anderen Ameisen wenig agressiv zu sein. Scheint also eine Eignung für eine Vergesellschaftung vorhanden zu sein?
In der Natur spielt sich die Aktivität einer Lasius flavus-Kolonie im Verborgenen ab, genauer gesagt unter der Erde. Aufgrund dieser Tatsache haben nicht wenige Ameisenhalter versucht dieses unterirdische Leben nachzubilden. In der Natur dürfte es selten zu Konfrontationen zwischen Lasius flavus und Formica fusca kommen, aufgrund der unterschiedlichen Habitatwahl (Lasius flavus-> eher feuchtere Bereiche; Formica fusca-> eher trocken), der Lebensweise (hypogäisch vs epigäisch) und Nahrungsbeschaffung (Wurzelläuse vs Zoophagie + Trophobiose [epigäisch]) besteht keinerlei Konkurrenzsituation.
In der Haltung könnte man diese Situation nur begrenzt simulieren.
Die Habitatwahl betreffend könnte man für jede Art ein passendes Nest anbieten und für die entsprechende Befeuchtung sorgen. Vorausgesetzt die Nester sind ausreichend dimensioniert, erscheint hier kein großes Problem zu entstehen.
Möglichkeiten der unterschiedlichen Lebensweise Rechnung zu tragen gibt es sicherlich. Hier steht mir mein persönlicher Haltungswunsch entgegen. Entscheidend für die Haltung von Lasius flavus ist für mich die wünderschöne Färbung der Tiere. Eine Haltung bei der man sie kaum zu Gesicht bekommt ist deshalb für mich nicht zu berücksichtigen.
Das führt dann direkt zum dritten Punkt, der Nahrungsbeschaffung. Im Gegensatz zu der Situation in der Natur, gibt es in der Haltung nur die Ressourcen, die von dem Halter zur Verfügung gestellt werden. In meinem Fall sind das i.d.R. Honig und tote Insekten. Beide Arten teilen sich nun, im Unterschied zur Natur, dieselben Nahrungsquellen und stehen damit in direkter Konkurrenz zueinander. Durch die Einrichtung des Beckens, mit Aquarienkies als Bodengrund, wären die Lasius flavus gezwungen auf der Oberfläche zu fouragieren. Das verbleibende Mittel wäre jeweils unmittelbar an den Nesteingängen zu füttern und vor allem ausreichend zu füttern, damit nie ein Mangel ensteht, welcher zu Konflikten führen könnte.
Aus eigener Beobachtung nimmt Lasius flavus in der Haltung auch sehr gerne Insekten an, kann diese aber oft nicht transportieren und verarbeitet sie daher an Ort und Stelle. Die flinken Formica fusca könnten dies möglicherweise ausnutzen und Futtertiere, welche für die Wiesenameisen vorgesehen sind, stehlen.
Unerwähnt sollte auch nicht bleiben, dass Lasius flavus auf dem Speiseplan anderer Arten steht:
Wichtiger Nahrungslieferant für Myrmica-Arten, die im gleichen Hügel nisten können und L. flavus-Dichte signifikant reduzieren können.
Seifert, Bernhard: Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas, S. 280.
Jetzt ist Formica fusca natürlich keine Myrmica-Art, aber zumindest in Zeiten großer Larvenaufzucht ist es für mich durchaus vorstellbar, dass die ein oder andere Wiesenameise eingepackt und als Futter nach Hause gebracht wird.
Umgekehrt sehe ich die Formica fusca eher ungefährdet durch die Wiesenameisen. Die Formica fusca sind einfach besser auf ein oberirdisches Leben vorbereitet, und können durch ihre Schnelligkeit und gutes Sehvermögen etwaigen Versuchen der Wiesenameisen ihrer habhaft zu werden, entkommen.
Ich denke mal ihr seht schon, dass meine Überlegungen eher in die Richtung gehen, dass ein Gemeinschaftsbecken mit diesen beiden Arten wohl nicht zu realisieren ist unter den gegebenen Einschränkungen.
Seid herzlich willkommen in dieses Gedankenspiel mit einzusteigen!