Kurz gesagt: Man darf nicht, und es hilft den Waldameisen nicht!
Im AF hatte ich im Mai 2013 dazu eine ausführliche Begründung geschrieben, die ich nun hierher übertrage: http://url
Für Waldameisen ist die eigentliche Frage: Bringt es irgendeinen Vorteil für die bedrohten bzw. geschützten Arten? Die Antwort ist ganz klar „nein“.
„Bedroht“ heißt ja noch lange nicht, dass die Art(-en) wirklich selten wären. Man muss sich nur ein paar Zahlen ansehen, z. B. hier: http://url
Die Kartierungen in Sachsen – nur in einem kleinen Teil des Bundeslandes! – erfassten bis zum Zeitpunkt des Berichts fast 4.000 Nester.
Oder wenn man sich die Umsiedlungs-Statistik ansieht, Waldameisen-Umsiedlungen durch die Dt. Ameisenschutzwarte 1985 - 2012 http://ameise-fleischmann.homepage.t-online.de/AkAuswertung.htm : Über 5.000 umgesiedelte Völker.[/u]
Jedes dieser Völker umfasst bei F. polyctena und bei der polygynen F. rufa Dutzende bis mehrere Hundert Königinnen sowie bis gegen Hunderttausend Arbeiterinnen.
Geschützt werden diese Arten nicht wegen der Gefahr des baldigen Aussterbens, sondern weil sie besonders wichtige Glieder der Lebensgemeinschaft Wald sind, sowie um ihren weiteren Rückgang zu bremsen.
„Bedroht“ heißt bei den Waldameisen, dass über viele Jahrzehnte die Bestände stark zurückgegangen sind, dass es an manchen Orten (von wo Berichte vorliegen) vor 50 oder 100 Jahren noch ein Vielfaches mehr waren. (Gründe für Rettungsumsiedlungen siehe http://ameise-fleischmann.homepage.t-online.de/AkAuswertung.htm). Ursachen für den Rückgang war bis in die 1950er – 1960er Jahre auch noch die massenhafte Gewinnung von Puppen als Heimtierfutter http://www.ameisenwiki.de/index.php/Ameiseneier_(Futtermittel). Hinzu kam großflächige Waldvernichtung für Siedlungsbau, Straßenbau, Flughäfen, Industrieanlagen usw. .
Gegenüber den Zigtausenden von vernichteten Nestern können ein paar einzeln zur künstlichen Koloniegründung gebrachte Gynen (die selbst bei „gemeinen“ Arten wie Lasius niger doch sehr oft auch noch sterben) weit weniger ausrichten als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Gewiss, die Entnahme von ein paar Königinnen für den Versuch, damit Kolonien zu gründen, wäre kein nennenswerter Verlust für die Populationen, aber die Produktion von ein paar Dutzend mini-Völkchen zum Freisetzen wäre eben auch kein Gewinn: Die allermeisten der großen (polygynen) Völker werden als Ableger mit bereits Hunderten von Königinnen und mehreren Tausend Arbeiterinnen gegründet: Nur so können sie sich durchsetzen gegen die Konkurrenz und den Feinddruck v. a. durch andere Ameisenvölker und –Arten.
Vielfach haben in den Ameisenforen bereits User die Frage gestellt, ob sie mit Gründungen im Formikar den Waldameisen helfen könnten. Leider schimmerte dabei nicht selten nur der Wunsch durch, Waldameisen zu halten, wobei die „Hilfe“ für diese Arten oft deutlich nur vorgeschützt erschien.
Siehe auch hier, als Beispiel für erschreckende Unkenntnis: http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=167&t=14721&p=155366#p155366
Es galt und gilt also den Anfängen zu wehren und Haltungsversuche generell zu verbieten. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie eine allgemeine Freigabe von Ameisenhändlern umgehend genutzt würde: Angebot wäre etwa ein Waldameisen-Koloniegründungs-Set, bestehend aus einem „Myrmshop“-Formikar mit Zubehör, Futter, Nadelstreu usw., einem Völkchen Formica fusca ohne Königin, und im Frühjahr eine oder mehrere der zuhauf umherlaufenden Waldameisen-Königinnen! Letztere könnten die User auch selber fangen (tun ja auch einige; nicht alle melden sich in den Foren!). Und wieder würden die Shops viel Umsatz machen, viel verdienen, mit sinnlosem Zubehör und für eine Haltung, die den Waldameisen jedenfalls keinerlei Nutzen bringen würde. Dann doch besser gar nicht!
Zu User-Versuchen, in denen es zu einer Produktion erster Arbeiterinnen kam und tatsächlich ein Auswildern beabsichtigt ist:
Das Problem wird sein, eine geeignete Stelle zum Aussetzen zu finden, wo einerseits die Bedingungen überhaupt passen und wo andererseits keine großen Völker als Konkurrenz sind (die sind nämlich immer gerade da, wo die Lebensbedingungen für die Art gut sind!).
Mit der Suche nach geeigneten Ansiedlungsplätzen haben – bei Umsiedlungen – selbst die geschulten Ameisenheger oft große Schwierigkeiten. Ein wesentliches Problem ist, dass die Bedingungen für so ein Ameisenvolk über viele Jahre alljährlich ausreichend bis gut sein müssen: Nach, sagen wir, 6-8 Jahren mit bestem Wachstum der Kolonien kommt evtl. ein zu trockenes Jahr, und schon ist ein ganzer Kolonieverband „verschwunden“, verdurstet, oder verhungert, weil die Zahl der Honigtau liefernden Lachniden zufällig mal zu gering war.
Solche „Ergebnisse“ kamen bei Auswertungen der künstlichen Ansiedlungsversuche durch Prof. Gößwald / Würzburg und seine Mitarbeiter zum Vorschein. Ich kenne ein Beispiel persönlich: Im Nürnberger Reichswald wurden um 1955-1960 gegen 400 große Völker von Formica polyctena und der polygynen Formica rufa in einem trockenen Kiefernwald angesiedelt. Ich war 1965 dort. Trotz bester Pflege (Nestschutz, in den ersten Jahren auch Zufütterung) und mehrfacher Zugabe von im Labor begatteten Jungköniginnen (zu schwächeren Völkchen jeweils 200 Stück pro Nest!) waren ca. 15 Jahre später die Ameisen praktisch restlos verschwunden.
Zum Thema „geeignete Neststandorte“ ist hier im 4. Post ein lehrreiches Beispiel dafür, was z. B. die Ameisen selbst für geeignet halten:
http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/viewtopic.php?f=23&t=1798

Das Fazit kann nur sein, was im Titel steht: Haltung von Waldameisen ist für diese keine Hilfe. Sie ist mit Recht verboten!
Merkur
PS: Ich danke Colophonius, der mir im AF diesen 1 Jahr alten Beitrag wieder in Erinnerung gerufen hat!