Ameisenportal.eu - Das Ameisenforum für Ameisenhaltung, Beobachtung und Wissen

In einem anderen Forum wurde kürzlich über ein Phänomen bei Camponotus herculeanus diskutiert, wonach Arbeiterinnen in einer Art Winterstarre verharrten, auch nachdem die Temperatur wieder angehoben wurde.
Trotz einiger Unklarheiten (evtl. waren die Arbeiterinnen durch CO2 betäubt?) halte ich das Thema für so wichtig, dass ich hier einige Hinweise dazu geben möchte.
http://eusozial.de/viewtopic.php?f=130&t=3090 „Kälteunabhängige Starre bei C. herculeanus?!“
Ich beziehe mich hier besonders auf einen Beitrag von swagman (auch hier im AP als User angemeldet)
http://eusozial.de/viewtopic.php?f=130&t=3090#p31086 :

„Ähnlich erschrocken bin ich dieses Frühjahr bei meiner Camponotus ligniperdus Kolonie.
Als es langsam wärmer wurde und ich mal nachgesehen habe ob die schon aus der Winterruhe aufgewacht sind, waren nur die Arbeiterinnen schon aktiv. Die Königin lag dagegen wie tot im Reagenzglas. Da dachte ich auch das war es. Aber ich hab sie dann erstmal in ihr Becken zurück und zwei, drei Wochen später noch mal nachgeschaut. Und tatsächlich die Königin war putzmunter und hatte schon Eier gelegt. Fand ich interessant, dass die erst später, nach den Arbeiterinnen wieder erwacht.“

Über Camponotus ist in dieser Hinsicht meines Wissens nichts untersucht und publiziert.
Aber bei Leptothorax acervorum (und einigen ihrer nächsten Verwandten) ist es eine normale Erscheinung, dass fertile Königinnen eine echte „Diapause“ machen, aus der sie bei Aufwärmung erst lange (Stunden) nach den Arbeiterinnen erwachen. Arbeiterinnen und die bei L. acervorum häufig in den Nestern lebenden unbegatteten (entflügelten) Gynen werden dagegen sofort bei Aufwärmung munter und laufen umher.

Im Ameisenwiki ist dazu einiges unter dem Suchwort „Winterruhe“ bzw. “Diapause“zu finden: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Winterruhe
Insgesamt ist über die Modalitäten der Winterruhe der Ameisen jedoch äußerst wenig bekannt. Man kennt eigentlich nur prinzipielle Unterschiede, deren Gültigkeit aber für jede einzelne Art (oder wenigstens Gattung) separat untersucht werden müsste.

MfG,
Merkur

Dazu kann ich auch eine Beobachtung beisteuern:
Vor etlichen Jahren entdeckte ich Ende Jänner bei vorfrühlingshaften Temperaturen ein junges Unterstein-Nest v. C. ligniperdus vermutlich aus dem Gründungsjahr. Bei Sonnenschein erwärmte sich der Stein etwas und obwohl in der Nestmulde noch ein paar Eiskristalle sichtbar waren, hielten sich dort ein paar Minor-Arbeiterinnen auf. Die Neststörung veranlasste sie sich zurückzuziehen. Ich habe das Nest in den nächsten Tagen noch zweimal kontrolliert, jedes Mal das selbe! Von der Königin war nichts zu sehen. Ich war doch überrascht, denn C. ligniperus gilt als Beispiel der endogen gesteuerten Winterruhe, wobei meist eine Gruppierung der Arbeiterinnen um die Königin stattfindet.
In diesem Fall war es anders....
L.G.

Hallo,

wirklich schlau aus dem Verhalten der Ameisen geworden bin ich noch nicht. Interessant ist, dass ich alle Ameisen zu sehr ähnlichen Bedingungen eingewintert habe (Myrmica cf. rubra, Temnothorax cf. nylanderi) und auch letztes Jahr auf die gleiche Art und Weise drei Lasius cf. niger-Kolonien unbeschadet durch den Winter bekommen habe. Bei keiner Kolonie konnte ich annähernd sowas feststellen, ich habe jetzt das RG der Camponotus nur mit Watte verstopft, um die Wahrscheinlichkeit von Sauerstoffmangel zu verringern. Die Tage schaue ich mal nach, ob sie wieder in der Starre sind. Solange die Ameisen nicht selbst schimmeln (dann sind sie ja wohl spätestens tot) werde ich die Winterruhe aber nicht mehr unterbrechen, sondern erst im März '15 schauen, ob sie noch lebensfähig sind.

Im übrigen war bei mir kein Unterschied zwischen Königin und Arbeiterinnen festzustellen.