Springschwänze und Staubläuse: nützliche kleine Tierchen

Springschwänze und Staubläuse: nützliche kleine Tierchen

Beitragvon Reber » Dienstag 4. Oktober 2016, 22:47

Wenn im Terrarium plötzlich kleine, nur wenig Millimeter lange „Tierchen“ auftauchen, führt dies oft zu Foren-Anfragen mit besorgten Unterton. Und der ist nicht immer ganz unbegründet, immerhin könnte es sich z.B. um Milben handeln, die unseren Ameisen tatsächlich Schaden zufügen können.

Oft gibt es aber keinen Grund zur Sorge, dann nämlich, wenn es sich bei den kleinen hellen Insekten um Staubläuse (Psocoptera) oder Springschwänze (Collembola) handelt. Im Unterschied zu den meist noch kleineren Milben, bewegen sie sich eher schnell fort. Sie sind zwar oft am Futter zu sehen, sitzen aber nie auf den Ameisen selber. Kopf und/oder Antennen sind von blossem Auge zu erkennen.

Unterscheidungsmerkmale:
Psocoptera.JPG
Staubläuse ähneln Blattläusen. Der Kopf hebt sich deutlich vom Körper ab und scheint auffallend gross. Sie sind hellgrau oder braun gefärbt und bewegen sich gleichmässiger als Springschwänze und springen in der Regel nicht. Es gibt geflügelte Arten die hüpfen können. In Mitteleuropa existieren ca. 100 Arten.

Collembola.JPG
Springschwanz dunkel.jpg
Springschwänze bewegen sich eher schnell und "ruckartig". Sie konkurrieren ums Futter und jagen sich z.B. auf Futterresten hin und her. Bei Gefahr springen sie mehrere Zentimeter weit. Meist wirken sie langgezogen, es gibt aber auch rundliche Arten (z.B. Kugelspringer). In Mitteleuropa existieren rund 2000 Arten. Die Grösse variiert zwischen 1-5 mm. Farblich reicht das Spektrum von weiss über beige und braun bis zu schwarz.

Nahrung:
Staubläuse ernähren sich praktischerweise hauptsächlich vom Feind jedes Ameisenhalters, von Schimmelpilzen. Neben Pilzgeweben gehören auch Sporen, Flechten, Algen auf ihren Speiseplan.
Springschwänze fressen hauptsächlich zerfallenden pflanzliche und tierische Stoffe. Damit sind sie eine ideale „Putzkolonne“ fürs Formicarium. Zusätzlich gefüttert müssen sie nicht werden.


„Haltungsbedingungen“:

Sowohl Staubläuse als auch Springschwänze sind auf eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen und mögen Wärme. Wenn es im Terrarium einen feuchten Teil gibt, besuchen die Tiere auch trockene Teile, z.B. auf Nahrungssuche. Nässe macht den Springschwänzen ebenfalls nichts aus, in meinem Aquarium leben sie sogar auf dem stillen Teil der Wasseroberfläche. In zu nassen Terrarien /Aquarien fehlen allerdings Staubläuse. In dauernd trockenen Formicarien fehlen beide. Staubläuse scheinen niedrige Temperaturen nicht lange auszuhalten. Springschwänze hingegen überdauern auch eine Winterruhe im Ameisennest problemlos.


Wo man sie her kriegt:

Oft kommen die Tierchen unbeabsichtigt mit Dekomaterial (Wurzeln, Laub, Erde) in die Ameisenarena. Sie tauchen also wie von selber auf - oder befinden sich längst unbemerkt in der Wohnung, im Topf der Zimmerpflanze, im Hamsterkäfig etc. In jedem dritten Haushalt soll es Staubläuse geben.
Dementsprechend naheliegend, kann man sie auch gezielt suchen. Einheimische Springschwänze findet man mit Leichtigkeit im Waldboden. Staubläuse an Totholzstücken und an feuchtem Heu.
Damit man keine ungewollten Tierchen ins Formi einschleppt, kann man den Waldboden mit Streuschicht oder das Stück Totholz in eine (umgekehrten) „Wärme-Lichtfalle“ legen und dann den Fang aussiebeln. Dazu bohrt man Löcher in den Boden eines kleinen Behälters (Tupperdose o.ä.), diesen legt man dann mit etwas Abstand (z.B auf Holzleisten), in einen in einen grösseren Behälter, auf dessen Boden man vorher ein feuchtes Tuch o.ä. Ausgebracht hat. Am oberen Rand des grösseren Behälters kann man noch Ausbruchsschutz anbringen. In den kleinen, erhöhten Behälter mit den Löchern kommt jetzt der Walderde. Nun wird der Behälter mit einer hellen, wärmenden Lampe bestrahlt. Die Tierchen in der Streuschicht werden nach einiger Zeit durch die Löcher in den dunkleren und kälteren Behälter fliehen.
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Re: Springschwänze und Staubläuse: nützliche kleine Tierchen

Beitragvon Trailandstreet » Mittwoch 5. Oktober 2016, 09:24

ich hab diese Tierchen nun schon einige Zeit in einigen meiner Formicarien. Bei den Formica scheinen sich die Springschwänze am wohlsten zu fühlen, dort vermehren sie sich so, dass ich damit nach und nach auch die anderen Becken geimpft habe. Der höhere Nahrungsumsatz, die stärkeren Grabarbeiten, vor allem um die Tränke herum und die damit verbundene Feuchtigkeit lassen sie dort anscheinend besonders gut gedeihen.
Auch bei den Myrmica im Erdnest entwickeln sie sich zusehens. Dort befinden sich aber auch noch Asseln, die dort auch gröbere Nahrungsreste verarbeiten.
Bei den kleinen Behältern mit den Schmalbrustameisen und dem Gipsboden muss ich sie ab und zu mal wieder zugeben, da ihnen die Trockenheit doch zu schaffen macht, wenn ich im Sommer dann mal weniger befeuchte. Bei den Leptothorax hingegen halten sie sich einfach in der RG-Tränke auf, dort ist das Klima offenbar noch immer gut genug.

Die kleinen, weißen Ameisenasseln, die ich ein paar Völkern zugegeben habe, hab ich schon eine zeitlang nicht mehr gesehen, was aber nichts heißen mag, die leben ja eher im Bau.

Staubläuse finde ich eigentlich nur in größerer Menge im Messorbecken
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Re: Springschwänze und Staubläuse: nützliche kleine Tierchen

Beitragvon Reber » Samstag 6. Juni 2020, 16:06

Hier noch zur Ergänzung zum Startbeitrag wie man (Futter-)Milben von den Staubläusen und Springschwänzen unterscheiden kann.

Milben2006061.jpg

Es gibt etwa 50.000 bekannten Milben-Arten, viele sind farblos oder weisslich. Sie sind ab Foto kaum zu bestimmen. Die Spinnentiere haben acht von blossem Auge meist nicht zu erkennende Beine und oft sind sie behaart. Die relevanten Milben sind bis zu 2 mm gross, meistens aber deutlich kleiner. Sie erscheinen von blossem Auge als (weisse) Punkte, die sich langsam und in geraden Linien bewegen. Ein Kopf ist nicht zu erkennen. Eher ein schlechtes Zeichen ist es, wenn die Tiere auf den Ameisen sitzen. Das tun Springschwänze und Staubläuse nicht. Häufig handelt es sich zwar auch dabei um "harmlose" Milben, die die Ameisen lediglich als phoretische Transporteure benutzen. Es gibt aber eben auch Milben die das Aussaugen der Hämolymphe an Brut und adulten Ameisen betreiben.

Milben auf Ameisenbein.JPG


Am häufigsten dürften in der Ameisenhaltung "Futtermilben" auftreten, die sich vom Futter/Abfall im Formicarium ernähren, sich aber auch an der Ameisenbrut vergehen können. Häufig werden diese weissen Milben mit Zuchtsätzen von Insekten (z.B. Fruchtfliegen) eingeschleppt. Mit besagten Insektenzuchten holt man sich am ehesten die Modermilben (Tyrophagus putrescentiae) in die Anlage. In Frage kommen auch aber auch z.B: Pflaumen-, Backobst- oder Hausmilben (Carpoglyphus sp., Glycyphagus sp., Lepidoglyphus sp.) Es können dann auch Raubmilben auftreten (schnell, die grosse Kiefertaster, lassen sich auf guten Bildern zumeist erkennen). Es gibt z.B. die Getreideraubmilbe Cheyletus eruditus, welche hauptsächlich Modermilben jagt...

Das hilft mir bisher am Besten gegen „Futtermilben“:

Mechanisch dezimieren: Köder auslegen und die Milben damit absammeln und im heissem Wasser beseitigen. Ansonsten immer Futterreste aus der Arene entfernen.

In feuchten Anlagen „einimpfen“ von Springschwänzen. Die setzen sich bei mir immer in der Konkurrenz gegen Milben durch!
Allgemein sind trocke Anlagen gut gegen Milben, aber zumindest im Ameisennest muss es feucht genug sein, dass Milben überleben können.

Futtertierzuchten räumlich trennen. Z.B auf Längsgitterrosten, damit die Milben nicht von Glas zu Glas klettern können. Bei „gefährlichen“ Milben würde ich auch das befallen Volk räumlich isolieren

Futtertiere überbrühen.
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