„Bei uns ist alles im Lot, aber das Arbeitsvolumen hat sich deutlich gesteigert leider durch CoV. U.a. auch durch das Digitalisieren aller Lehrveranstaltungen. Uebernaechste Woche werden wir eine Exkursion fuer 150 Bachelorstudierende von 2000m Seehoehe mit Gopro, Router und Notebook in die Wohnzimmer live streamen; Studierende koennen ueber Chat Fragen stellen, die wir beantworten.
Total verrueckte Zeit.“
Was bin ich froh, dass ich so etwas nie zu machen hatte! Im Grundstudium Biologie an der TU Darmstadt waren im Sommersemester für die Zoologie jeweils vier solche Exkursionen Pflicht (Teilnahme jeweils im „Exkursionspass“ bescheinigt; die Studierenden mussten Protokolle dazu anfertigen und vorlegen).
Parallel wurden auch von der Botank solche Exkursionen durchgeführt. Bei uns gab es je eine Vogelstimmen-Wanderung, und den Besuch von drei unterschiedlichen Lebensräumen, Gewässer, Trockenrasen, Wiesen und Waldrand. Bei einer Jahrgangsstärke von 90 bis 120 Studierenden musste jede Exkursion (mit je 15 bis 20 Teilnehmern) bis zu sechsmal geführt werden. Das war schon recht lästig.
Aber die Teilnehmer konnten auch Tiere (und Pflanzen) mal anfassen, etwa wenn es gelang, eine harmlose Schlange zu erwischen (was bei uns leider immer seltener wurde):
So konnte keine/r mehr glauben, dass Schlangen kalt und „glitschig“ seien. Von der einheimischen Schlingnatter ließ ich mich absichtlich in die Hand beißen, um ihre Harmlosigkeit zu bezeugen (sie wird wegen ihrer Rückenzeichnung auch heute noch gerne mit der Kreuzotter verwechselt, und oft genug deshalb erschlagen

Ich habe auch regelmäßig kleine Tablettenröhrchen verteilt und den Teilnehmern Gelegenheit gegeben, mal für ¼ Stunde einzusammeln, was sie so fanden (außer Schmetterlingen). Danach wurde bestimmt, und die Tiere wieder freigelassen. Da konnte man erleben, wie schwierig es sein kann, eine Heuschrecke zu fangen, wie die auch beißen und ihren Mageninhalt auswürgen kann. Oder wie unangenehm manche Wanzen riechen, wenn sie sich angegriffen fühlen. Usw.
Natürlich kamen auch Ameisen dran: Die Hand vorsichtig über ein Nest von Formica pratensis halten, Ameisensäure schnuppern! Oder einen dürren Kirschbaumzweig abbrechen: In einem kaum fingerlangen Zweigstück lebt ein ganzes Volk kleiner Temnothorax affinis, mit Königin und Brut! Und sie bleiben darin auch im Winter, bei deftigen Minustemperaturen, bzw. bei Sonneneinstrahlung im Sommer auch mal bei + 40°C!
Das sind haptische und olfaktorische Eindrücke, die man wohl kaum digital vermitteln kann.
Und für die Exkursionsleiter fehlt da auch die direkte „Rückmeldung“, erstaunte Blicke, „ah“, „oh“ und „iiih“, die Mimik der Teilnehmer, kurze direkte Rückfragen, fast alles, was dazu anregt, so eine Führung „lebendig“ zu machen.
Ich kann nur jedem Studierenden wünschen, dass er/sie bald wieder Gelegenheit haben wird, so etwas direkt zu erleben!
MfG,
Merkur