Naturwissenschaften und wissenschaftliche Argumente

Anlass für diesen Beitrag ist eine Diskussion in diesem Thread, etwa ab 6.September:
viewtopic.php?f=31&t=1068
Ein weiterer Anlass findet sich in Bemerkungen im AF: http://www.ameisenforum.de/topic54300.html (Gelfarmen),
hier: http://www.ameisenforum.de/topic54300.html wo folgendes statement zu lesen ist:
Das Thema „Wissenschaft und Ameisenhaltung“ wird in den Foren immer wieder kontrovers angesprochen. Bisher glaubte ich, dass die meisten Teilnehmer unter „Wissenschaft“ dasselbe verstehen: Biowissenschaft, insbesondere Myrmekologie. Nun wurde mir deutlich, dass dem absolut nicht so ist. - Es gibt höchst unterschiedliche Wissenschaften, je nach dem Fachgebiet, womit sie sich befassen!
Obwohl sich die Biologie und die anderen Naturwissenschaften häufig mathematischer Methoden bedienen, gilt die Mathematik nicht als „Naturwissenschaft“:
Mathematik: https://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik
Im Gegensatz etwa zu den Biowissenschaften ist die Mathematik also ein reines Konstrukt des menschlichen Geistes. Ihr "Handwerkszeug" sind zuvor festgelegte Regeln und Gesetze.
Die uns hier interessierende Biologie dagegen sieht sich der „unendlichen“ Vielfalt lebender Organismen und ihrer physiologischen Leistungen gegenüber, die in Hunderten von Millionen Jahren der Evolution entstanden sind, ganz ohne menschliches Zutun!
https://de.wikipedia.org/wiki/Naturwissenschaft :
Bereits aus diesen knappen Ausführungen wird deutlich, wie irreführend es wäre, Beurteilungs-Kriterien aus der Mathematik auf eine Naturwissenschaft zu übertragen!
Der eingangs zitierte Abschnitt ist völlig richtig, so weit er die Mathematik-Wissenschaft betrifft.
Der Fehler liegt in dem Satz, wo für biologische Erkenntnisse „Beweise“ in der für die Mathematik notwendigen Form gefordert werden!
Die Mathematik benötigt meines Wissens keine Statistik, um ihre Aussagen „abzusichern“. In der Biologie geht es fast nicht mehr ohne statistische Absicherung: Jeder weiß, dass bei Säugetieren inkl. Menschen gleich viele männliche und weibliche Nachkommen entstehen, ungefähr, nicht mit mathematischer Präzision! Zufall und diverse Einflüsse ergeben ganz unterschiedliche Verteilungen, von Ehen mit je einem Sohn und einer Tochter zu solchen mit 4 Söhnen oder vier Töchtern usw.. –Ich will das nicht weiter ausführen, jeder kennt Beispiele.
Denkt man näher darüber nach, gründen die meisten Aussagen in der Biologie auf Erfahrungswerten aus der Praxis, mit Abweichungen von einem „Regelwert“. Sind deswegen alle biologischen Aussagen und Erkenntnisse zu bezweifeln oder gar zu verwerfen, weil sie den Ansprüchen des Mathematikers an seine Wissenschaft nicht genügen?
Mitnichten: Lange bevor moderne statistische Verfahren zur Verfügung standen haben die Biowissenschaften Ungeheures geleistet, Erkenntnisse geliefert, die Grundlagen auch für die Praxis der Tier- und Pflanzenzucht, der Medizin und vieler anderer Teildisziplinen wurden. Längst nicht alle Erkenntnisse der Biologie sind so zuverlässig abzusichern, wie man das gerne hätte. (Ob eine eingeschleppte Art invasiv wird, wissen wir erst, wenn es zu spät ist, wenn sie nicht mehr zu beseitigen ist. Analogieschlüsse aus vergleichbaren Ereignissen sind sinnvoll und notwendig). Längst nicht alles, was wir über eine Art wissen, trifft für jedes Individuum zu (Niemand kann vorhersagen, ob eine bestimmte Lasius niger-Königin in der Gründung 10 oder 25 Pygmäen aufzieht. Trotzdem wissen wir, dass sich die Zahl wahrscheinlich in diesem Bereich bewegt).
Das Beste: Während die Mathematik sich schon lange quälen muss um noch neue Erkenntnisse in ihrem eng reglementierten Gedankengebäude aufzuspüren, steht die Biologie noch immer vor der Aufgabe, die erwähnte „endlose“ Vielfalt der Organismen zu entdecken, zu beschreiben, ihre Leistungen zu untersuchen, Hypothesen und Theorien über Ursachen und Wirkungen aufzustellen und möglichst experimentell zu prüfen, zu widerlegen oder zu bestätigen. Und jede neue biologische Erkenntnis wirft neue Fragen auf!
Wenn sich jemand als Mathe-Student schon auf das ihm fremde Feld der Biowissenschaften begibt, sollte er doch so fair sein, sich Grundlagen dieser Wissenschaft anzueignen, sich mit biologischen Methoden des Erkenntnisgewinns befassen, bevor er mit arroganten Äußerungen über angeblich unbewiesene „Vermutungen“ die ganze Wissenschaft zu disqualifizieren sucht!
MfG,
Merkur
viewtopic.php?f=31&t=1068
Ein weiterer Anlass findet sich in Bemerkungen im AF: http://www.ameisenforum.de/topic54300.html (Gelfarmen),
hier: http://www.ameisenforum.de/topic54300.html wo folgendes statement zu lesen ist:
Jeder Mathematik-Student lernt im ersten Semester, dass er nur solche Aussagen in einem Beweis verwenden darf, die vorher bewiesen wurden. Was natürlich auch vollkommen logisch ist, da das Fundament der Mathematik ansonsten schon längst zusammengebrochen wäre. So profiliert sich natürlich der, der einen erfolgreichen Beweis führt, und nicht der, der massenhaft Vermutungen aufstellt, für die er keine Beweise hat. / In der Ameisenhaltung und der Myrmekologie scheint das offensichtlich anders zu sein: Hier wurden die Foren jahrelang - auch von scheinbar seriösen Myrmekologen - mit unbewiesene Vermutungen überschwemmt, die viele Halter als bewiesene Fakten ansehen und verbreiten. Wenn das der Maßstab für seriöse Wissenschaft ist, dann gute Nacht liebe Leute.
Das Thema „Wissenschaft und Ameisenhaltung“ wird in den Foren immer wieder kontrovers angesprochen. Bisher glaubte ich, dass die meisten Teilnehmer unter „Wissenschaft“ dasselbe verstehen: Biowissenschaft, insbesondere Myrmekologie. Nun wurde mir deutlich, dass dem absolut nicht so ist. - Es gibt höchst unterschiedliche Wissenschaften, je nach dem Fachgebiet, womit sie sich befassen!
Obwohl sich die Biologie und die anderen Naturwissenschaften häufig mathematischer Methoden bedienen, gilt die Mathematik nicht als „Naturwissenschaft“:
Mathematik: https://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik
Die Mathematik (griechisch μαθηματική τέχνη mathēmatikē téchnē ‚die Kunst des Lernens‘, ‚zum Lernen gehörig‘) ist eine Wissenschaft, welche aus der Untersuchung von geometrischen Figuren und dem Rechnen mit Zahlen entstand. Für Mathematik gibt es keine allgemein anerkannte Definition; heute wird sie üblicherweise als eine Wissenschaft beschrieben, die durch logische Definitionen selbstgeschaffene abstrakte Strukturen mittels der Logik auf ihre Eigenschaften und Muster untersucht.
Im Gegensatz etwa zu den Biowissenschaften ist die Mathematik also ein reines Konstrukt des menschlichen Geistes. Ihr "Handwerkszeug" sind zuvor festgelegte Regeln und Gesetze.
Die uns hier interessierende Biologie dagegen sieht sich der „unendlichen“ Vielfalt lebender Organismen und ihrer physiologischen Leistungen gegenüber, die in Hunderten von Millionen Jahren der Evolution entstanden sind, ganz ohne menschliches Zutun!
https://de.wikipedia.org/wiki/Naturwissenschaft :
Unter dem Begriff Naturwissenschaften werden Wissenschaften zusammengefasst, die empirisch arbeiten und sich mit der Erforschung der Natur befassen. Naturwissenschaftler beobachten, messen und analysieren die Zustände und das Verhalten der Natur durch Methoden, die die Reproduzierbarkeit ihrer Ergebnisse sichern sollen, mit dem Ziel, Regelmäßigkeiten zu erkennen. Neben der Erklärung der Naturphänomene ist eine der wichtigsten Aufgaben der Naturwissenschaft die Natur nutzbar zu machen. Die Naturwissenschaften bilden so z. B. einen Teil der theoretischen Grundlagen für Technik, Medizin oder Umweltschutz…..
Teilgebiete der Naturwissenschaften sind unter anderem Astronomie, Physik, Chemie, Biologie, sowie einige Umweltwissenschaften wie Geologie.
Bereits aus diesen knappen Ausführungen wird deutlich, wie irreführend es wäre, Beurteilungs-Kriterien aus der Mathematik auf eine Naturwissenschaft zu übertragen!
Der eingangs zitierte Abschnitt ist völlig richtig, so weit er die Mathematik-Wissenschaft betrifft.
Der Fehler liegt in dem Satz, wo für biologische Erkenntnisse „Beweise“ in der für die Mathematik notwendigen Form gefordert werden!
Die Mathematik benötigt meines Wissens keine Statistik, um ihre Aussagen „abzusichern“. In der Biologie geht es fast nicht mehr ohne statistische Absicherung: Jeder weiß, dass bei Säugetieren inkl. Menschen gleich viele männliche und weibliche Nachkommen entstehen, ungefähr, nicht mit mathematischer Präzision! Zufall und diverse Einflüsse ergeben ganz unterschiedliche Verteilungen, von Ehen mit je einem Sohn und einer Tochter zu solchen mit 4 Söhnen oder vier Töchtern usw.. –Ich will das nicht weiter ausführen, jeder kennt Beispiele.
Denkt man näher darüber nach, gründen die meisten Aussagen in der Biologie auf Erfahrungswerten aus der Praxis, mit Abweichungen von einem „Regelwert“. Sind deswegen alle biologischen Aussagen und Erkenntnisse zu bezweifeln oder gar zu verwerfen, weil sie den Ansprüchen des Mathematikers an seine Wissenschaft nicht genügen?
Mitnichten: Lange bevor moderne statistische Verfahren zur Verfügung standen haben die Biowissenschaften Ungeheures geleistet, Erkenntnisse geliefert, die Grundlagen auch für die Praxis der Tier- und Pflanzenzucht, der Medizin und vieler anderer Teildisziplinen wurden. Längst nicht alle Erkenntnisse der Biologie sind so zuverlässig abzusichern, wie man das gerne hätte. (Ob eine eingeschleppte Art invasiv wird, wissen wir erst, wenn es zu spät ist, wenn sie nicht mehr zu beseitigen ist. Analogieschlüsse aus vergleichbaren Ereignissen sind sinnvoll und notwendig). Längst nicht alles, was wir über eine Art wissen, trifft für jedes Individuum zu (Niemand kann vorhersagen, ob eine bestimmte Lasius niger-Königin in der Gründung 10 oder 25 Pygmäen aufzieht. Trotzdem wissen wir, dass sich die Zahl wahrscheinlich in diesem Bereich bewegt).
Das Beste: Während die Mathematik sich schon lange quälen muss um noch neue Erkenntnisse in ihrem eng reglementierten Gedankengebäude aufzuspüren, steht die Biologie noch immer vor der Aufgabe, die erwähnte „endlose“ Vielfalt der Organismen zu entdecken, zu beschreiben, ihre Leistungen zu untersuchen, Hypothesen und Theorien über Ursachen und Wirkungen aufzustellen und möglichst experimentell zu prüfen, zu widerlegen oder zu bestätigen. Und jede neue biologische Erkenntnis wirft neue Fragen auf!
Wenn sich jemand als Mathe-Student schon auf das ihm fremde Feld der Biowissenschaften begibt, sollte er doch so fair sein, sich Grundlagen dieser Wissenschaft anzueignen, sich mit biologischen Methoden des Erkenntnisgewinns befassen, bevor er mit arroganten Äußerungen über angeblich unbewiesene „Vermutungen“ die ganze Wissenschaft zu disqualifizieren sucht!
MfG,
Merkur