Ameisen im Jasper- und Yellowstone-Nationalpark
Wie angekündigt, soll hier nun etwas über die Ameisen in dieser Region und über den Zweck unserer Forschungsreise berichtet werden.

- Nest von Formica obscuripes
Im Yellowstone-NP und der näheren Umgebung gibt es ausgedehnte Koniferenwälder. Darin trifft man gelegentlich auf richtige Hügel bauende Waldameisen, hier
Formica obscuripes, obwohl in ganz Nordamerika anscheinend keine derart riesigen Hügel vorkommen, wie wir sie aus Mittel- und Nordeuropa kennen. Zufällig ist dieses Nest an den Stumpf eines abgesägten Baumes gebaut. Üblicherweise dienen umgestürzte Bäume oder auch nur grobe Äste als „Nestzentrum“. Das ist sicher die natürliche Nestgrundlage, anders als bei uns, wo die meisten Nester über einem Stubben als Kern gebaut sind.
Aus solchen Nestern habe ich 1977 (auf einer privaten Urlaubsreise) die Gastameise
Formicoxenus diversipilosus gesammelt und u. a. ihren Königinnen-Polymorphismus untersucht.
Veröffentlicht: Francoeur, A., Loiselle, R., Buschinger, A. (1985): Biosystematique de la Tribu Leptothoracini (Formicidae, Hymenoptera). 1. Le Genre
Formicoxenus dans la Région Holarctique. Naturaliste can. 112, 343-403.
http://www.antwiki.org/wiki/images/b/b3 ... l_1985.pdf

- Athabasca River Falls
Der Wasserfall im Jasper-NP wird von einer Straße überquert. Oben rechts im Bild sind Personen auf einer Aussichtsplattform zu erkennen. Dahinter erstreckt sich ein Koniferenwald, der uns 1993 interessant erschien. Doch es gab keine
Leptothorax im Totholz, weder in Ästchen noch in Borke, obwohl das Habitat sehr günstig erschien. Schließlich entdeckten wir
Leptothorax-Nester in Spalten eines schieferartigen Gesteins: Anscheinend meiden die Ameisen das Holz, das bei Überschwemmungen des Athabasca-Flusses wohl oft weggeschwemmt wird!
Und sofort fiel auf, dass die Ameisen irgendwie „flach“ aussahen.
Es war eine neue, unbeschriebene Art!

- Gyne von L. athabasca (Foto: A. Schulz)

- Arbeiterin von L. athabasca (Foto: A. Schulz)
Vor allem die Gynen haben einen fast brettartig flachen Thorax, anscheinend eine Anpassung an die engen Spalten im Fels, die man anders als Gänge im Holz nicht erweitern kann.
Die Beschreibung (als
Leptothorax athabasca) erfolgte erst viel später: In Nordamerika gibt es eine beträchtliche Zahl von
Leptothorax-Arten, wovon die meisten noch unbeschrieben sein dürften. Viele Funde wurden über lange Zeit als
Leptothorax muscorum eingeordnet, da sie, so wie die europäische
L. muscorum, keine abstehenden Borsten auf Fühlerschäften und Tibien haben. Aber es gibt auch andere Merkmale. So haben wir die Art erst 2008 beschrieben, als Andreas Schulz gute Stacking-Bilder anfertigen konnte. Bis heute wurde die Art an keinem anderen Ort nachgewiesen, obwohl sie zumindest in dem ausgedehnten Tal des Athabasca weiter verbreitet sein dürfte.
Buschinger, A. and A. Schulz. 2008.
Leptothorax athabasca sp.n. (Hymenoptera: Formicidae) from Alberta, Canada, an ant with an apparently restricted range. Myrmecologische Nachrichten 11: 243-248.
http://www.antwiki.org/wiki/images/3/34 ... z_2008.pdf

- "Laborarbeit" im Motel
Einen Eindruck von unserem “Feldlabor” will ich mit diesem Bild vermitteln. Natürlich logiert man in einem der in den USA ja zahlreichen und auch preisgünstigen Motels. Mit Glück gibt es da auch eine vernünftige Beleuchtung, und so kann man die Sammeltuben kontrollieren, brauchbare und interessante Völkchen in Transportbehälter überführen, und sonstige Funde in Alkohol konservieren (Flasche mit Pipette vor der Lampe). Zur eigenen Stärkung gibt’s die Dosen mit Budweiser, das immerhin trinkbar ist.
Irgendwo auf dem Weg im Athabasca-Tal leuchtete uns eine verführerische Reklame entgegen:

- Zur "Bayerischen Stadt"
Das muss ein Städtchen in British Columbia sein. Aber für einen Besuch war uns dann doch die Zeit zu schade. Es war ja eine Dienstreise!
Diese Expedition erbrachte noch eine ganze Reihe weiterer guter Ameisenfunde, so Nachweise von zwei sozialparasitischen Ameisen, die bis dahin nur weit entfernt im Osten von Kanada bzw. USA gefunden worden waren:
- Buschinger, A., Schumann, R.D., Heinze, J. (1994): First records of the guest ant
Formicoxenus quebecensis Francoeur from Western Canada (Hymenoptera, Formicidae). Psyche 101, 53-57.
- Buschinger, A., Schumann, R.D. (1994): New records of
Leptothorax wilsoni from North America. Psyche 101, 13-18.
- Außerhalb des Parks, nahe West-Yellowstone, sammelten wir schließlich das Ausgangsmaterial für mehrere Untersuchungen zur Biologie einer in Ameisen parasitierenden Gregarinen-Art:
http://www.ameisenwiki.de/index.php/Mattesia_geminata MfG,
Merkur