Auf dem Weg zu einem Raubzug der Amazonenameisen

Auf dem Weg zu einem Raubzug der Amazonenameisen

Beitragvon Boro » Montag 27. Juni 2022, 09:20

Nachdem ich in den vergangenen Jahrzehnten jedenfalls über 300 Raubzüge der Amazonenameise Polyergus rufescens beobachten konnte, ist das Interesse an dieser Ameisenart etwas in den Hintergrund getreten. Faszinierend ist diese Ameisenart noch immer und ich wollte den ersten Ausmarsch der Kriegerinnen wieder 2022 erleben. Am vergangenen Donnerstag war es so weit: Um 16:30 war ich vor Ort und konnte gerade feststellen, dass die Amazonen bereits von einem Raubzug zum Heimatnest zurückkehrten. Daraus folgt, dass die Raubzüge mitunter recht früh stattfinden (Sonnenzeit etwa 1ab 5:15, vgl. Seifert 2020). Das Zielnest lag etwa 7 m entfernt. Der Raubzug dauerte übert eine Stunde an (!!), weil die Ameisen ständig hin und her liefen, wenn sie die reichliche Beute daheim abgeliefert hatten, kehrten sie sofort wieder um und suchten das Zielnest immer wieder auf. Das Nest (Formica fusca) war riesig und die Beute entsprechend reichlich. Gerade große Nestpopulationen der Opfer beginnen sich mit der Zeit zu wehren, trotzdem sind höchstens einzelnde fusca-Arbeiterinnen getötet worden. Habe ein paar Fotos gemacht, leider nur mit dem Handy!
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Die treuen Begleiter sind stets dabei, Mutter und Tochter (Border Collie)
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Auf einer toten Kröte sitzt ein Falter, wahrscheinlich kein Trauerfalter. Vermutlich ein Schillerfalter (corr. Merkur)
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Dickkopffalter am Wegesrand
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Amazonen laufen aus
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Eine zugefügte tote Heuschrecke löst sofort Rekrutierung bei den Hilfsameisen aus, von den Amazonen ist absolut keine Unterstütung zu erwarten
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Kaisermantel auf Pferdemist
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Perlmuttfalter?
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Rückkehrende Amazonen geraten in einen Stau, der Nesteingang wird durch die von den Hilfsameisen in den Nesteingang transportierte Beute blockiert
Boro
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Re: Auf dem Weg zu einem Raubzug der Amazonenameisen

Beitragvon Merkur » Montag 27. Juni 2022, 17:09

Hallo Boro,

Vielen Dank! - Der Falter an der Krötenmumie dürfte tatsächlich ein Schillerfalter sein: Großes "Auge" im Vorderflügel, ein kleines andeutungsweise im Hinterflügel, stark gezackte weiße Binde; ich denke es ist sogar der "Große Schillerfalter", Apatura iris!
Tierleichen, Kot und Dung sind beliebt bei vielen Faltern wegen der Salze darin.
Gestern konnten wir im Odenwald kurz einen Schillerfalter vorbeifliegen sehen, aber leider ließ er sich nirgends nieder...

MfG,
Merkur
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Re: Auf dem Weg zu einem Raubzug der Amazonenameisen

Beitragvon Boro » Montag 27. Juni 2022, 17:29

Danke Merkur, wurde oben corr.!
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Boro
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Re: Auf dem Weg zu einem Raubzug der Amazonenameisen

Beitragvon Boro » Freitag 1. Juli 2022, 17:22

Ja, die Raubzüge der Amazonen gleichen jedes Mal einem Krimi: Beim Lesen der Literatur gewinnt man den Eindruck, es laufe immer alles nach einem Schema ab! Das ist keineswegs der Fall, es gibt zahlreiche Variablen:
1. Kommt es überhaupt zu einem Raubzug? Abhängig von Wetter, Jahreszeit, Tageszeit
2. Haben die scouts schon Stunden vorher ein geeignetes Zielnest im Umkreis von bis zu 90 m gefunden?
3. Wenn es los geht, wohin und in welche Richtung und Entfernung?
4. Hin und wieder wird die Spur zum Zielnest verloren, eine erfolglose Umkehr ist die Folge
5. Entscheidend ist die Frage: auf welches Serviformica-Nest treffen die Angreifer;vor allem bei volkreichen F. rufibarbis-Nestern kann es heftigen Widerstand geben, selten sogar eine klare Niederlage, wobei die Angreifer die Flucht antreten müssen und verfolgt und "gedemütigt" werden
6. Wie groß ist die Beute, hat sich der Aufwand ausgezahlt?
7. Klappt die Heimkehr reibungslos, können andere Ameisenarten durch die Aktionen aufgeschreckt und ihrerseits zu Angriffen animiert werden?
8. Wohl sehr selten: Es kann vorkommen, dass ein "falsches" Nest angegriffen wird, z. B. ein noch junges Nest von Formica sanguinea mit eigenem hohen Sklavenanteil. Das wird dann eine besondere Herausforderung!
9. Was passiert mit den geraubten Puppen nach derem Schlüpfen? Werden sie von ansäßigen Sklaven akzeptiert? Einzelne Sklavenarten sollen untereinander nicht gut kompatibel sein (z. B. F. fusca mit F. rufibarbis)

Gestern (30. 06.) um 17:45, heiter bei 30°C, Rückkehr einer reich beladenen Armee, Zielnest F. fusca in ca. 30 m Entf., vor kurzem gemähter Halbtrockenrasen in fast 800 m Höhe im Bezirk Klagenfurt-Land (Österreich)
Das Heimatnest besteht aus Polyergus X F. cunicularia. Wie die später schlüpfenden F. fusca-Arbeiterinnen von den "Hausherren" behandelt werden, kann ich noch nicht beurteilen
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