Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hilfe!

Hier können allgemeine Fragen zum Thema Ameisen, sowie zu europäischen Ameisenarten gestellt werden.

Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hilfe!

Beitragvon Merkur » Freitag 23. Mai 2014, 11:24

Alle Jahre wieder kommt im Frühjahr die Frage auf, ob man junge Königinnen der gesetzlich geschützten und bedrohten Waldameisen (Formica, Untergattung Formica s.str.) einsammeln darf um damit die Koloniegründung zu versuchen. Als Ziel wird in der Regel angegeben, dass man die Völkchen dann auswildern und den Waldameisen damit helfen möchte.

Kurz gesagt: Man darf nicht, und es hilft den Waldameisen nicht!

Im AF hatte ich im Mai 2013 dazu eine ausführliche Begründung geschrieben, die ich nun hierher übertrage: http://url

Für Waldameisen ist die eigentliche Frage: Bringt es irgendeinen Vorteil für die bedrohten bzw. geschützten Arten? Die Antwort ist ganz klar „nein“.

„Bedroht“ heißt ja noch lange nicht, dass die Art(-en) wirklich selten wären. Man muss sich nur ein paar Zahlen ansehen, z. B. hier: http://url
Die Kartierungen in Sachsen – nur in einem kleinen Teil des Bundeslandes! – erfassten bis zum Zeitpunkt des Berichts fast 4.000 Nester.

Oder wenn man sich die Umsiedlungs-Statistik ansieht, Waldameisen-Umsiedlungen durch die Dt. Ameisenschutzwarte 1985 - 2012 http://ameise-fleischmann.homepage.t-online.de/AkAuswertung.htm : Über 5.000 umgesiedelte Völker.[/u]

Jedes dieser Völker umfasst bei F. polyctena und bei der polygynen F. rufa Dutzende bis mehrere Hundert Königinnen sowie bis gegen Hunderttausend Arbeiterinnen.

Geschützt werden diese Arten nicht wegen der Gefahr des baldigen Aussterbens, sondern weil sie besonders wichtige Glieder der Lebensgemeinschaft Wald sind, sowie um ihren weiteren Rückgang zu bremsen.

„Bedroht“ heißt bei den Waldameisen, dass über viele Jahrzehnte die Bestände stark zurückgegangen sind, dass es an manchen Orten (von wo Berichte vorliegen) vor 50 oder 100 Jahren noch ein Vielfaches mehr waren. (Gründe für Rettungsumsiedlungen siehe http://ameise-fleischmann.homepage.t-online.de/AkAuswertung.htm). Ursachen für den Rückgang war bis in die 1950er – 1960er Jahre auch noch die massenhafte Gewinnung von Puppen als Heimtierfutter http://www.ameisenwiki.de/index.php/Ameiseneier_(Futtermittel). Hinzu kam großflächige Waldvernichtung für Siedlungsbau, Straßenbau, Flughäfen, Industrieanlagen usw. .
Gegenüber den Zigtausenden von vernichteten Nestern können ein paar einzeln zur künstlichen Koloniegründung gebrachte Gynen (die selbst bei „gemeinen“ Arten wie Lasius niger doch sehr oft auch noch sterben) weit weniger ausrichten als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.

Gewiss, die Entnahme von ein paar Königinnen für den Versuch, damit Kolonien zu gründen, wäre kein nennenswerter Verlust für die Populationen, aber die Produktion von ein paar Dutzend mini-Völkchen zum Freisetzen wäre eben auch kein Gewinn: Die allermeisten der großen (polygynen) Völker werden als Ableger mit bereits Hunderten von Königinnen und mehreren Tausend Arbeiterinnen gegründet: Nur so können sie sich durchsetzen gegen die Konkurrenz und den Feinddruck v. a. durch andere Ameisenvölker und –Arten.

Vielfach haben in den Ameisenforen bereits User die Frage gestellt, ob sie mit Gründungen im Formikar den Waldameisen helfen könnten. Leider schimmerte dabei nicht selten nur der Wunsch durch, Waldameisen zu halten, wobei die „Hilfe“ für diese Arten oft deutlich nur vorgeschützt erschien.
Siehe auch hier, als Beispiel für erschreckende Unkenntnis: http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=167&t=14721&p=155366#p155366

Es galt und gilt also den Anfängen zu wehren und Haltungsversuche generell zu verbieten. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie eine allgemeine Freigabe von Ameisenhändlern umgehend genutzt würde: Angebot wäre etwa ein Waldameisen-Koloniegründungs-Set, bestehend aus einem „Myrmshop“-Formikar mit Zubehör, Futter, Nadelstreu usw., einem Völkchen Formica fusca ohne Königin, und im Frühjahr eine oder mehrere der zuhauf umherlaufenden Waldameisen-Königinnen! Letztere könnten die User auch selber fangen (tun ja auch einige; nicht alle melden sich in den Foren!). Und wieder würden die Shops viel Umsatz machen, viel verdienen, mit sinnlosem Zubehör und für eine Haltung, die den Waldameisen jedenfalls keinerlei Nutzen bringen würde. Dann doch besser gar nicht!

Zu User-Versuchen, in denen es zu einer Produktion erster Arbeiterinnen kam und tatsächlich ein Auswildern beabsichtigt ist:
Das Problem wird sein, eine geeignete Stelle zum Aussetzen zu finden, wo einerseits die Bedingungen überhaupt passen und wo andererseits keine großen Völker als Konkurrenz sind (die sind nämlich immer gerade da, wo die Lebensbedingungen für die Art gut sind!).

Mit der Suche nach geeigneten Ansiedlungsplätzen haben – bei Umsiedlungen – selbst die geschulten Ameisenheger oft große Schwierigkeiten. Ein wesentliches Problem ist, dass die Bedingungen für so ein Ameisenvolk über viele Jahre alljährlich ausreichend bis gut sein müssen: Nach, sagen wir, 6-8 Jahren mit bestem Wachstum der Kolonien kommt evtl. ein zu trockenes Jahr, und schon ist ein ganzer Kolonieverband „verschwunden“, verdurstet, oder verhungert, weil die Zahl der Honigtau liefernden Lachniden zufällig mal zu gering war.

Solche „Ergebnisse“ kamen bei Auswertungen der künstlichen Ansiedlungsversuche durch Prof. Gößwald / Würzburg und seine Mitarbeiter zum Vorschein. Ich kenne ein Beispiel persönlich: Im Nürnberger Reichswald wurden um 1955-1960 gegen 400 große Völker von Formica polyctena und der polygynen Formica rufa in einem trockenen Kiefernwald angesiedelt. Ich war 1965 dort. Trotz bester Pflege (Nestschutz, in den ersten Jahren auch Zufütterung) und mehrfacher Zugabe von im Labor begatteten Jungköniginnen (zu schwächeren Völkchen jeweils 200 Stück pro Nest!) waren ca. 15 Jahre später die Ameisen praktisch restlos verschwunden.

Zum Thema „geeignete Neststandorte“ ist hier im 4. Post ein lehrreiches Beispiel dafür, was z. B. die Ameisen selbst für geeignet halten:
http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/viewtopic.php?f=23&t=1798 ;)

Das Fazit kann nur sein, was im Titel steht: Haltung von Waldameisen ist für diese keine Hilfe. Sie ist mit Recht verboten!

Merkur
PS: Ich danke Colophonius, der mir im AF diesen 1 Jahr alten Beitrag wieder in Erinnerung gerufen hat!
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Fruchtiger » Freitag 23. Mai 2014, 15:46

Auch aus langfristiger (bzw. evolutionärer) Sicht hilft es vermutlich wenig. Denn selbst wenn die ausgesetzten Völker überleben und sich fortpflanzen können, so sind sie an ihre eigentliche Umwelt immer noch nicht (besser) angepasst und es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis zum Menschen, wie es bei der westlichen Honigbiene und anderen Nutztieren bereits der Fall ist.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Ameise1 » Samstag 24. Mai 2014, 15:20

Sehr schöner Bericht Merkur.!

@Fruchtiger: Ich werd aus deiner Aussage nicht ganz schlau, kannst du das mal näher erklären?

Martin
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Kati » Samstag 24. Mai 2014, 20:34

Ich glaube, worauf Fruchttiger heraus will, ist, dass man, anstatt mit der Gründung in Gefangenschaft lieber durch den Schutz entsprechender Habitate und Lebensräume, helfen sollte. Dies ist auf Lange Sicht sinnvoller und effektiver, selbst wenn die Gründung und Ansiedlung klappen sollte.

Stimmt das so?
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Ich halte: Formica sanguinea (ca. 150 A.)
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon kaputtinhollywood » Samstag 24. Mai 2014, 21:23

Vielleicht noch ergänzend zu Merkurs Argumenten, falls jemand ernsthaft überlegt Waldameisen zu halten:
Es sind in der Tat schöne Tiere; aber wer würde sich schon freiwillig aggressive, säurespritzende "Biester" ins Haus holen?
Selbst wenn es möglich wäre auf Dauer eine Kolonie im Formicarium zu halten (was wohl kaum möglich ist), wäre dies sicher ein zweifelhaftes Vergüngen.
Man könnte niemals ihren Platzansprüchen gerecht werden, zudem kommen die Unmengen an Futter die man bereitstellen müsste.
Wer einen Ameisenhaufen in den eigenen vier Wänden haben möchte, ist mit Formica sanguinea gut beraten.
Sie verspritzen keine Säure und Kolonien bleiben verhältnismäßig klein. Wenn man ihnen Material (z.B. Fichten- oder Kiefernnadeln) zu Verfügung stellt, errichten sie auch im Formicarium kleine Hügel.

IMG_4419.2.jpg


Formica sanguinea sind mindestens genau so schön und stehen zudem nicht unter Schutz... jeder Versuch Waldameisen wie Formica rufa, polyctena etc. dauerhaft zu halten wäre ohnehin vergeblich.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Scarvia Ny-Mand » Samstag 24. Mai 2014, 22:00

Ameise1 hat geschrieben:Sehr schöner Bericht Merkur.!

@Fruchtiger: Ich werd aus deiner Aussage nicht ganz schlau, kannst du das mal näher erklären?

Martin

Es überleben nicht die bestangepassten Königinnen und es fehlt eine natürliche Selektion im frühen Stadium.
Etwas hochgeschraubt heißt das:
Theoretisch könnte es sein, dass eine Königin zB "zu doof" ist, alleine einen vernünftigen Standort zu finden, weil sie eben zu lange draußen rumläuft, und daher unterwegs gefressen werden würde. Durch den Tod wären diese "übermäßiges rumlaufen"-Gene erstmal wieder aus dem Genpool entfernt.
Wenn nun aber ein Mensch kommt und die gesamte Anfangsphase "Händchen hält", so zeigt sich nicht, welche Kolonien dort die idealen Gene haben - es überleben einige der "Handaufzuchten", sowas wie "übermäßiges rumlaufen"-Gene bleiben erhalten, weil sie nie negativ zu tragen kamen, ergo: Nie ausselektiert wurden.
Die nächste Generation besteht also nicht aus den "idealen" Nachkommen und es besteht die Gefahr, dass die Nachkommen der hochgepeppelten Kolonien auch das peppeln bräuchten (wie Fruchtiger sagte: Abhängigkeitsverhältnis zum Menschen) und alleine gar nicht richtig klarkommen.
Das ganze läuft also auf eine ähnliche Gefahr hinaus, wie interspezifische Homogenisierung, wenn vermutlich auch etwas sanfter, da man ja nicht wild Tiere von A nach B schleppt. Aber wenn einige der Kolonien nur dank Hilfe überleben, verfälscht man eben die Selektion/Evolution/sonstige Anpassung.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Merkur » Sonntag 25. Mai 2014, 08:19

kaputtinhollywood hat geschrieben:Vielleicht noch ergänzend zu Merkurs Argumenten, falls jemand ernsthaft überlegt Waldameisen zu halten:
Es sind in der Tat schöne Tiere; aber wer würde sich schon freiwillig aggressive, säurespritzende "Biester" ins Haus holen?
Selbst wenn es möglich wäre auf Dauer eine Kolonie im Formicarium zu halten (was wohl kaum möglich ist), wäre dies sicher ein zweifelhaftes Vergüngen.
Man könnte niemals ihren Platzansprüchen gerecht werden, zudem kommen die Unmengen an Futter die man bereitstellen müsste.
Wer einen Ameisenhaufen in den eigenen vier Wänden haben möchte, ist mit Formica sanguinea gut beraten.
Sie verspritzen keine Säure und Kolonien bleiben verhältnismäßig klein. Wenn man ihnen Material (z.B. Fichten- oder Kiefernnadeln) zu Verfügung stellt, errichten sie auch im Formicarium kleine Hügel.

IMG_4419.2.jpg


Formica sanguinea sind sind mindestens genau so schön und stehen zudem nicht unter Schutz... jeder Versuch Waldameisen wie Formica rufa, polyctena etc. dauerhaft zu halten wäre ohnehin vergeblich.

Waldameisen (Formica s. str.) wurden bereits vielfach in Formikarien gehalten, zu Forschungszwecken, aber auch auf Ausstellungen z. B. der Ameisenschutzwarten (geht natürlich auch in diesem Fall nur mit Ausnahme-Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde).

Ein nie gelöstes Problem ist die Tatsache, dass über kurz oder lang (meistens 4-5 Monate, oder nach einer Überwinterung) die Nester von Milben überflutet werden bzw. wegen zu hoher Feuchtigkeit verpilzen. Die Säure spielt dabei keine wesentliche Rolle.

Formica (Raptiformica) sanguinea hat ebenfalls Ameisensäure als Wehrsekret (wie alle Formicinae / Schuppenameisen), und sie verspritzt diese auch ebenso wie die Formica s.str. - Arten. Nur sind es halt üblicherweise weit weniger Individuen.

Formikarien für Waldameisen müssen daher oben offen sein (ein aufgeklebter, unterseits mit Paraffinöl bestrichener Rand verhindert die Flucht recht zuverlässig). Sehr zu empfehlen ist es, mittig über dem Formikar eine Lampe aufzuhängen,die Licht und Wärme spendet:Dann wird der Hügel genau unter dieser errichtet. Andernfalls kann es geschehen, dass der Hügel an einer Seite oder in einer Ecke aufgeschichtet wird. Sobald seine Spitze den Rand des Beckens erreicht hat, geht die Post ab ..... :D

MfG,
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Merkur » Sonntag 25. Mai 2014, 08:49

Scarvia Ny-Mand hat geschrieben:
Ameise1 hat geschrieben:Sehr schöner Bericht Merkur.!

@Fruchtiger: Ich werd aus deiner Aussage nicht ganz schlau, kannst du das mal näher erklären?

Martin

Es überleben nicht die bestangepassten Königinnen und es fehlt eine natürliche Selektion im frühen Stadium.
Etwas hochgeschraubt heißt das:
Theoretisch könnte es sein, dass eine Königin zB "zu doof" ist, alleine einen vernünftigen Standort zu finden, weil sie eben zu lange draußen rumläuft, und daher unterwegs gefressen werden würde. Durch den Tod wären diese "übermäßiges rumlaufen"-Gene erstmal wieder aus dem Genpool entfernt.
Wenn nun aber ein Mensch kommt und die gesamte Anfangsphase "Händchen hält", so zeigt sich nicht, welche Kolonien dort die idealen Gene haben - es überleben einige der "Handaufzuchten", sowas wie "übermäßiges rumlaufen"-Gene bleiben erhalten, weil sie nie negativ zu tragen kamen, ergo: Nie ausselektiert wurden.
Die nächste Generation besteht also nicht aus den "idealen" Nachkommen und es besteht die Gefahr, dass die Nachkommen der hochgepeppelten Kolonien auch das peppeln bräuchten (wie Fruchtiger sagte: Abhängigkeitsverhältnis zum Menschen) und alleine gar nicht richtig klarkommen.
Das ganze läuft also auf eine ähnliche Gefahr hinaus, wie interspezifische Homogenisierung, wenn vermutlich auch etwas sanfter, da man ja nicht wild Tiere von A nach B schleppt. Aber wenn einige der Kolonien nur dank Hilfe überleben, verfälscht man eben die Selektion/Evolution/sonstige Anpassung.


Ich will versuchen, mal eine etwas realistischere Einschätzung zu formulieren:
Evolution geht nicht von heute auf morgen (jedenfalls nicht bei Lebewesen mit so langsamer Generationenfolge). Da müsste man schon über Jahrhunderte, wo nicht Jahrtausende, immer wieder Millionen von Ameisenköniginnen "aufpäppeln", um vielleicht (!) einen Effekt zu erzielen. Hunde sind Haustiere seit vielleicht 8-10.000 Jahren; zahlreiche Rassen mit unterschiedlichsten Eigenschaften hat man per strenger künstlicher Selektion herausgezüchtet. Zahllose Hunde sind über die Jahrtausende geflüchtet oder haben sich mit wilden Wölfen verpaart, konnten sich Wolfsrudeln anschließen (zumindest die noch einigermaßen wolfsähnlichen Rassen). Dennoch haben sie bisher keine bemerkbaren Spuren in den Populationen ihrer wilden Verwandten hinterlassen!
Verwilderte Hunde haben sich vielerorts (Inseln!) m. o. w. zurück entwickelt zur Lebensform ihrer ursprünglichen Ahnen.
Ähnliches gilt eigentlich für alle (echten) Haustiere, die seit ewigen Zeiten gezüchtet werden. Mir ist kein Beispiel bekannt, wo Haustiere eine nachweisbare genetische Rückwirkung auf ihre frei lebenden Verwandten gehabt hätten. - Ein weiteres Beispiel wäre Wildschwein und Hausschweine.

Ein schwieriger Fall ist das Verhältnis Hauskatze - Wildkatze: Befürchtungen, dass frei laufende Hauskatzen sich mit Wildkatzen so weit vermischen könnten, dass die Wildkatze ausgerottet wird, scheinen unbegründet. Zumindest laufen derzeit verschiedenste Versuche (u.a. im Odenwald, daher kenne ich es aus den Medien), die Existenz echter Wildkatzen in unseren Wäldern genetisch nachzuweisen. Man sammelt Haare an "Lockpfosten", an denen sie sich reiben sollen, und analysiert die DNS, die aus den Haarwurzeln gewonnen werden kann. Bisher sieht es so aus, dass trotz der zahllosen frei laufenden Hauskatzen die Wildkatze weiterhin existiert; dass sie selten geworden ist, hat andere Gründe. Es sei erwähnt, dass unsere Hauskatze eventuell von der ägyptischen Falbkatze abstammt und gar nicht von der eurasisch-afrikanisch verbreiteten Wildkatze. Es geht dabei je nach Definition um Arten oder Unterarten; das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen. ;)

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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon kaputtinhollywood » Sonntag 25. Mai 2014, 09:18

Waldameisen (Formica s. str.) wurden bereits vielfach in Formikarien gehalten, zu Forschungszwecken, aber auch auf Ausstellungen z. B. ...


In Ost-Europa z.B. wird immer wieder versucht Formica s. str. privat zu halten. Dies gelingt auch für eine kurze Zeit, aber die Kolonien gehen früher oder später ein.
Das es über einen kurzen Zeitraum möglich ist, zeigen einige Haltungsberichte.
Die Frage ist ja auch nur ob es im privaten Rahmen umsetzbar ist, langfristig eine große Kolonie von vielen Tausend Waldameisen in der eigenen Wohnung zuhalten. Und ich denke so mancher hat diesen Wunsch. Darauf zielte die Aussage ab.

Formica (Raptiformica) sanguinea hat ebenfalls Ameisensäure als Wehrsekret (wie alle Formicinae / Schuppenameisen), und sie verspritzt diese auch ebenso wie die Formica s.str. - Arten. Nur sind es halt üblicherweise weit weniger Individuen.


Verspritz F. sanguinea gezielt Ameisensäure auf "Angreifer", durch hervorstrecken der Gaster? Ich dachte dies täten nur F. s. str.?

EDIT:
Wer seiner Formica sanguinea-Kolonie die Möglichkeit geben möchte einen Hügel zu errichten, sollte ihn zum Ende der Saison/während der Winterruhe abtragen. Das pflanzliche Material würde sonst verrotten -> Pilzbefall wäre die Folge.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Fruchtiger » Sonntag 25. Mai 2014, 09:35

Sicherlich ist meine obige Darstellung etwas überzogen und es geht mir mehr um das Prinzip. Die Beiträge von Kati und Scarvia Ny-Mand entsprechen aber meiner Vorstellung.

Allerdings heißt Mutation nicht nur Genmutation sondern (u.a. ?) auch genetische Rekombination und diese kann sich um einiges schneller auswirken.
Trotzdem sind die Waldameisen wohl noch ein ganzes Stück entfernt davon in so eine starke Abhängigkeit zum Menschen zu geraten.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Scarvia Ny-Mand » Sonntag 25. Mai 2014, 12:29

Merkur hat geschrieben:Hunde sind Haustiere seit vielleicht 8-10.000 Jahren; zahlreiche Rassen mit unterschiedlichsten Eigenschaften hat man per strenger künstlicher Selektion herausgezüchtet. Zahllose Hunde sind über die Jahrtausende geflüchtet oder haben sich mit wilden Wölfen verpaart, konnten sich Wolfsrudeln anschließen (zumindest die noch einigermaßen wolfsähnlichen Rassen). Dennoch haben sie bisher keine bemerkbaren Spuren in den Populationen ihrer wilden Verwandten hinterlassen!
Verwilderte Hunde haben sich vielerorts (Inseln!) m. o. w. zurück entwickelt zur Lebensform ihrer ursprünglichen Ahnen.
Ähnliches gilt eigentlich für alle (echten) Haustiere, die seit ewigen Zeiten gezüchtet werden. Mir ist kein Beispiel bekannt, wo Haustiere eine nachweisbare genetische Rückwirkung auf ihre frei lebenden Verwandten gehabt hätten. - Ein weiteres Beispiel wäre Wildschwein und Hausschweine.

Ich habe einmal gehört, dass Wolf-Husky-Mixe in Alaska extrem erfolgreich sind und sich durchsetzen sollen, weil die Tierchen klug wie ein Wolf sind, aber die Geschwindigkeit und Ausdauer eines Husky haben. Die hetzen somit wohl jedes Beutetier schlichtweg zu Tode, durch die nahe Verwandtschaft sind die Hybride aber natürlich immer noch voll fortpflanzungsfähig.
Leider finde ich da gerade keine Quelle dafür.

Es gibt aber ein Paper, das anhand der Veränderungen des Schädels von Wölfen in Alaska den Schluss zieht, dass Husky-Wolf-Hybride in der Population eine Zeit lang eine Rolle spielten, nun aber nicht mehr stattfinden (der Schädel nähert sich wieder der früheren "Wolf"-Form an):
Changes in the skull morphology of the Arctic wolf, Canis lupus arctos, during the twentieth century
Fraglich natürlich, wie viel Huskygene in den Wölfen verblieben sind, nur weil der Schädel sich wieder alten Formen annähert heißt das nicht, das nicht andere Gene der Hunde sich dauerhaft festgesetzt haben.

Bei einer anderen Studie zeigten sich wohl bei 4-5% der getesteten, wilden Wölfe Gene, die von Hunden stammen sollen:
Compromised Wolf Genetics Result In Mongrel Dogs Inhabiting The Northern Rockies
A 2012 report published by the European Union detailing the status of large wild carnivores there (wolves, bears, lynx) shares that in a number of countries where wolves are found and DNA tests conducted, 4 to 5 percent of the wolves tested now have significant traces of domestic dog DNA. Costly efforts will be made to eliminate those packs. - Toby Bridges, LOBO WATCH

Leider finde ich auch da den genannten Bericht nicht, auch fehlt die Angabe, wann die Vermischung voraussichtlich passierte. Ebenso fehlt die Angabe der getesteten Individuen (da ich die Studie nicht finde). 5% von 100 sind natürlich weniger aussagekräftig als 5% von 1000 oder noch mehr...

In Bezug auf "Langzeitbeeinflussung der Gene" ist da dieses Paper interessanter:
Eine Studie zu Koyoten zeigt, dass auch dort Hunde-DNA durchaus immernoch vorgefunden werden kann:
Widespread occurrence of a domestic dog mitochondrial DNA haplotype in southeastern US coyotes
12 der 112 getesteten Individuen zeigten mitochondriale DNA von Hunden, was auf eine frühere Vermischung mit weiblichen Hunden hinweist. Die Koyoten waren weit verbreitet ("from Florida to West Virginia"), weswegen angenommen wird, dass die Vermischung schon länger her ist. Irgendwelche von uns feststellbaren "Auffälligkeiten" wiesen die Koyoten mit mitochondiraler Hunde-DNA aber wohl nicht auf. Trotzdem zeigt es natürlich, dass Hybride durchaus im Stammbaum einer wildlebenden Gruppe vorkommen können.
Beachten muss man zudem noch, dass mitochondriale DNA zum absoluten Großteil nur von der Mutter weitergegeben wird. Wenn eine Durchmischung mit männlichen Hunden stattfand (oder ein männlicher Hundenachkomme im Stammbaum war), so ist diese durch Tests der mitochondrialen DNA nicht feststellbar, da nur die mitoch. DNA der "reinen" Mutter nachweisbar ist. Wir wissen also nur, das 12 der 112 Koyoten mit Sicherheit einen Hund im Stammbaum haben - wir wissen aber nicht, bei wie viele der restlichen 100 dies der Fall ist.
The introgression of domestic dog genes into the southeastern coyote population does not appear to have substantially affected the coyote's genetic, morphological, or behavioural integrity. However, our results suggest that, contrary to previous reports, hybridization can occur between domestic and wild canids, even when the latter is relatively abundant. Therefore, hybridization may be a greater threat to the persistence of wild canid populations than previously thought.

Hier kommt man aber natürlich wieder zu der Frage, was für genetische Anpassungen, die wir noch gar nicht wahrnehmen können, es unter Umständen gibt.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Merkur » Sonntag 25. Mai 2014, 20:00

Das Thema war ja, ob man Waldameisen helfen oder fördern kann, wenn man Koloniegründungen zu Hause durchführt und die jungen Völker dann freisetzt. Die Diskussion erbrachte dafür keine neuen Argumente.

Inzwischen sind wir weit in allgemein genetische Betrachtungen abgedriftet. Dafür sollten wir vielleicht mal einen eigenen Thread starten: Ich habe da einige Gedanken, die ich vielleicht demnächst mal anführen werde. (Herr, lass Zeit regnen! ;) ).

Ausdrücklich bedanken möchte ich mich bei Scarvia Ny-mand für die Literatursuche. Es sind Arbeiten, mit denen ich mich noch nicht befasst hatte.
Allerdings ist es etwas ganz Anderes, ob über zahllose Generationen gezüchtete und auf bestimmte Merkmale selektionierte Haustiere mit der Wildform hybridisieren, oder ob ein paar Ameisen (wenige im Vergleich zu den vielen Millionen Freilandköniginnen!) in einer Generation „gepäppelt“ und dann freigesetzt werden, ohne dass man deren Nachkommen dann wieder päppeln könnte, usf.: Waldameisen kann man nicht über mehrere Generationen züchten und selektionieren! Somit sind weder messbare positive noch negative Auswirkungen auf die Wildpopulation zu erwarten.

MfG,
Merkur
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Boro » Montag 26. Mai 2014, 14:03

Um beim Thema zu bleiben, kann ich betreffend die Freisetzung zahlreicher im Kunstnest aufgezogener Populationen verschiedener Arten in den letzten 15 Jahren nur unterstreichen, dass diese zahlreiche Probleme mit sich bringt. Ich belege die Freisetzung (Auswilderung) mit einer hohen Gefahrenstufe.
Nach der nicht immer einfachen Gründung und der wenigstens 1 bis 2-jährigen Aufzucht zur Erreichung einer entsprechenden Volksstärke kommt der "Tag x":
1. Vorerst muss ein geeignetes Habitat gesucht werden, wobei die speziellen Ansprüche der jeweiligen Art berüchsichtigt werden müssen (z. B. braucht Polyergus zusätzlich eine entsprechende Dichte an Wirtsnestern).
2. Dann muss die Artenvielfalt um die geplante Position d. Freisetzung wenigstens im Umkreis von 10 m, besser 20 m genau festgestellt werden.
3. Der Grund für diese (auf den ersten Blick ungewöhnliche) Maßnahme ist die Aggressionsbereitschaft aller Ameisenarten gegen "Neuankömmlinge". Neben den bekannt aggressiven Waldameisen sind einige Lasius-Arten immens gefährlich, da sie jeden Neuankömmling prinzipiell attackieren und zwar nicht einzeln, sondern in Form rasch rekrutierter Heeresverbände - davon sind große Arten (Waldameisen od. Manica rubida) keineswegs ausgenommen. Als aggressiv stufe ich hier vor allem L. niger, L. emarginatus od. L. platythorax ein. Auch Tetramorium spp. können massiv angreifen oder die Arten der cinerea-Gruppe und andere, die dazu kaum jemand für fähig halten würde: Vor vielen Jahren habe ich ein Nest v. Manica rubida in ihrem "Heimatrevier" freigelassen und hatte dabei ein nahes Nest der winzigen Plagiolepis vindobonensis (1 - 1,5 mm) übersehen. Was ist passiert? Die Winzlinge hatten die ausgesetzten "Riesen" bald entdeckt und sind in Form eines Kriegszuges anmarschiert und hatten die großen Ameisen ohne Mitnahme ihrer Brut zur heillosen Flucht veranlasst. Wobei man betonen muss, dass vor allem die erste Phase der Freisetzung Gefahren in sich birgt: Die Neuankömmlinge sind desorientiert und reagieren auf eine bis dahin nicht gekannte Gefahr (Aufzucht im Kunstnest!) mit Panik.
Die Problematik zeigt, dass im Prinzip ein bestimmter Lebensraum unter verschiedenen Ameisen "aufgeteilt" ist: Jede Art besetzt eine ihr adäquate Nische im Biotop. Neuankömmlinge stören dieses fragile System und stellen für jede etablierte Art eine Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen dar.
4. Erst nach ein paar Tagen kann man erkennen, ob die Ansiedlung der neuen Art tatsächlich geglückt ist. In diesem Fall ist es ratsam, die neuen Siedler in den ersten ein bis zwei Wochen durch einige Futtergaben zu unterstützen, da es eine gewisse Zeit braucht, bis sich diese Ameisen im neuen Revier zurecht finden und Nahrungsquellen erschließen können.
Die Freisetzung einheimischer Arten betreibe ich sei etwa 15 Jahren, am Anfang aus Unkenntnis der oben geschilderten Voraussetzungen auch nicht immer erfolgreich. Inzwischen ist Routine eingekehrt, jedes Jahr werden 1 - 2 Nester v. Polyergus rufescens freigesetzt, daneben meist seltene Arten oder solche Populationen, deren Auzucht im Kunstnest beobachtet wurde (Camponotus piceus, C. lateralis, C. vagus, C. truncatus, C. ligniperdus, C. fallax, Lasius emarginatus, L. psammophilus, Temnothorax affinis, T. sordidulus, Formica rufibarbis u. noch einige andere).
Da muss man schon ein bisschen "verrückt" sein um all diese Arbeiten auf sich zu nehmen.....
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Re: Ameisenschutz, Naturschutz

Beitragvon Aufklärer » Freitag 22. Mai 2015, 16:01

Ist denn die Gründung bei den hügelbauenden Waldameisen so viel anders wie bei Formica sanguinea? Dort gelingt die Gründung z. B. durch Zugabe von Serviformica Puppen. Andere sozialparasitische Arten hat man durch Zugabe von Puppen ebenfalls zur Gründung bewegt z. B. Lasius fuliginosus.

Aufgrund des Haltungsverbotes sind mir keinerlei Berichte über die Gründung bei hügelbauenden Waldameisen in den deutschsprachigen Foren bekannt. Evtl. wäre es ja sinnvoll, wenn einige sehr verantwortungsbewusste Halter versuchen würden sich eine Genehmigung zur Aufzucht einiger Königinnen zu holen, um zu klären, wie schwer eine Aufzucht überhaupt ist.

Ich meine mal in einem russischen Forum gelesen zu haben, dass dort jemand Formica polyctena mit einigen Serviformica Puppen hat gründen lassen. Leider konnte ich den Beitrag auf die schnelle nicht finden, falls ich ihn finde, werde ich ihn nachreichen.

Verschoben aus Ameisenschut/Naturschutz von Reber
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon kaputtinhollywood » Freitag 22. Mai 2015, 19:04

Hallo.
In Ost- und teilweise auch Südeuropäischen Foren lässt sich viel über die Gründung von Formica s. str. lesen.
Teilweise waren die Gründungsversuche einiger Foren-User auch erfolgreich, jedoch verhält sich nicht jede F. s. str. gleich bei der Gründung. Hier wurde schon recht viel in Erfahrung gebracht.
Zum Beispiel soll Formica polyctena in der Lage sein hinzugefügte Puppen selbständig zu öffnen und erste Arbeiterinnen selbst auf zu ziehen.
Bei F. rufa soll es schon wieder anders aussehen.
Es wird sicherlich auch wissentschaftliche Versuche gegeben haben. Die Publikationen werden wahrscheinlich nicht einfach einzusehen sein.
Ich glaube es bedarf einfach keiner weiteren Versuche von übermotiviereten Hobbymyrmekologen_Innen. Aber interessant ist es allemal.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Aufklärer » Freitag 22. Mai 2015, 19:42

Also ist es dann doch nicht sehr schwierig, danke für deine Informationen Kaputtinhollywood.

Ich finde eh, dass wir ähnlich strenge Naturschutzgesetze wie in Kärnten und Spanien bräuchten, damit man ohne Erlaubnis keine Ameisen oder andere Tiere mehr aus der Natur entnehmen darf.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Trailandstreet » Freitag 22. Mai 2015, 20:09

Den Bericht über die Formica rufa Gründung kenne ich auch. Es hat mich schon etwas verwundert, dass es so "einfach" ging und noch dazu mit einem RG-Nest. Das ist ja auch das problem bei den Gründungsversuchen mit Formica s str. Teilweise verhalten sie sich schlimmer als alle anderen temporären Sozalparisiten, andererseits sind sie teilweise so aggrssiv, dass sie sogar die Watte im RG angreifen. Logischereise vernichten sie sich dadurch selbst etc
bei Formca sanguiniea ist die zugabe fremder Puppen übrigens nicht so wild, da siese Art unter Umständen sogar selbst gründen kann.
Man sollte schon im Auge behalten, dass nciht jeder der einige Erfahrung mit Ameisen hat, auch genug für Waldameisen hat. Das sind praktisch zwei völlig verschiedene Dinge.
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon kaputtinhollywood » Freitag 22. Mai 2015, 20:29

Also ist es dann doch nicht sehr schwierig, ...

Doch ist es :)
Es fängt schon mal bei der Bestimmung der Königin an. Formica rufa? Formica polyctena? Ein Hybrid? Oder ganz was anderes?
Evtl. gibt es bei der Auswahl von Hilfsameisen auch einiges zu beachten.
Das Gründungsverhalten (in der Haltung) scheint bei Formica s. str. um einiges komplexer als bei Formica sanguinea.
Selbst in Ländern in denen Waldameisen nicht gesetzlich geschützt sind gibt es offensichtlich nur sehr wenige Halter. Das wird seine Gründe haben (mal abgesehen davon, dass die Haltung MEHR als anspruchsvoll sein sollte]!
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Merkur » Samstag 23. Mai 2015, 15:01

Das Thema lautet ja: „Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hilfe!“-und nicht etwa: Kann man Waldameisen-Gynen zur Koloniegründung bringen und im Formikar halten?

Man kann die Gynen von Formica s. str. ohne größere Probleme zu einer Gründung bringen, z. B. durch Zugabe einiger Puppen, oder einiger weniger Arbeiterinnen. Das ist auch weitgehend unabhängig von der Art.

Die echten Probleme sind jedoch:

1. Das Volk zu einer solchen Größe heranzuziehen, dass es sich im Freiland durchsetzen kann. Bei den tatsächlich noch in sehr großen Zahlen vorhandenen Freilandvölkern (s. oben; man betrachtet sie ja nur wegen des Rückganges dieser Zahl als „bedroht“) könnte man die Waldameisenbestände nur durch Heranziehen von Hunderten kräftiger Jungvölker wirklich unterstützen. Gibt es so viele Ameisenhalter, die diese Mühe auf sich nähmen?

2. Wirklich auf Dauer geeignete Plätze für die Ansiedlung bzw. Auswilderung zu finden.

Versuche zur Koloniegründung im Labor, mit oder ohne Hilfsameisen, gab es zuhauf, seit den 1930ern bis in die 1960er Jahre, im Institut für Angewandte Zoologie der Univ. Würzburg. Nur ein Beispiel:
Karl Gößwald (1952): Über Versuche zur Verwendung von Hilfsameisen zwecks Vermehrung der nützlichen Kleinen Roten Waldameise.- Zeitschrift für Angewandte Entomologie 34, S.1-14.

Alljährlich kommt die Frage in den Ameisenforen auf, weshalb man keine Waldameisen-Königinnen sammeln und zur Gründung bringen darf. Es gab und gibt trotz des Verbots immer wieder Halter, die es dennoch tun, aber eben nicht darüber berichten.

Mir ist ein Fall bekannt, wo <User> sich von mir beraten ließ. Etwa ein Jahr später ging <User> eine Partnerschaft ein, zog um und verschwand aus den Foren. Mir „gestand“ <User> via PN etwas kleinlaut, dass der Versuch entgegen meinem Rat unternommen wurde und gescheitert ist.

Es geht nicht um die Entnahme einiger weniger Jungköniginnen. Die wäre auch meines Erachtens von den Populationen zu verkraften. Sie ist nur deshalb illegal, weil der Gesetzgeber, um den wirklich erforderlichen Schutz der Waldameisen zu gewährleisten, nicht noch jede Menge Ausnahmen und Sonderfälle regeln kann. – Heute, im Zeichen des Ameisenhandels, wäre allerdings auch eine Massenentnahme solcher Gynen zu Verkaufszwecken denkbar, und die könnte wirklich schaden.

Worum es geht, ist die Tatsache, dass den wenigsten Haltern eine Aufzucht von Waldameisen gelingen würde. Enttäuschungen wären programmiert, und das ist für mich eigentlich der wichtigste Grund, von allen entsprechenden Versuchen abzuraten!

Wie im Startpost bereits vermerkt: Man darf nicht, und es hilft den Waldameisen nicht!

Wer den Waldameisen wirklich ernsthaft helfen möchte, der sollte sich einmal gründlich hiermit befassen:
http://www.ameisenfreunde.de/Ameisenzentrum.htm
Da gibt es einen umfangreichen Bücherbestand: http://www.ameise-fleischmann.homepage. ... estand.xls
Zugänglich über ein Schlagwortverzeichnis: http://www.ameise-fleischmann.homepage. ... ichnis.xls
Das vorhandene Material, Schriften Bücher usw. wird gegen eine geringe Gebühr zum Zwecke des Studiums, erstellen einer Facharbeit usw. ausgeliehen.

MfG,
Merkur
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Re: Waldameisen: Koloniegründung im Formicarium ist keine Hi

Beitragvon Trailandstreet » Samstag 23. Mai 2015, 15:29

Da stellt sich mir auch die Frage, macht es überhaupt Sinn, eine so dichte Waldameisenpopulation zu erzeugen? Zumindest ohne die nötigen Voraussetzungen, wie durchgehen naturbelassenen, gesunden Mischwald auf jeden Fall nicht. Ich glaube nicht, dass eine künstlich aufrecht erhaltene Waldameisenpopulation in einer Fichtenmonokultur gut aufgehoben ist. Das hieße wohl das Pferd von hinten aufzuzäumen.
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