Haltungsbericht: Formica sanguinea

- Arbeiterin von Formica sanguinea
(Quelle: Wikipedia Commons)
ArtsteckbriefTaxonomie-
Familia: Formicidae (Ameisen)
--
Subfamilia: Formicinae (Schuppenameisen)
---
Tribus: Formicini
----
Genus: Formica Linnaeus, 1758
-----
Subgenus: Raptiformica Forel, 1913
------
Species: Formica sanguinea Latreille, 1798
-------
Subspecies: -
AllgemeinesVerbreitung: Iberien – Japan, ganz Europa
Habitat: ausreichend besonntes Habitat
Nestbau: Erdnester, selten kleine Hügel
Kolonie: polygyn, dulot (fakultative Sklavenhaltung), aggressiv
Koloniegröße: 2.000 - 8.000 Arbeiterinnen
Koloniealter: Königinnen werden bis zu 20 Jahre alt
Gründung: sozialparasitisch bei Serviformica spp*
Arbeiterinnen: monomorph (Ab einer bestimmten Koloniegröße treten größere Arbeiterinnen auf, die aber, abgesehen von der Größe, identisch mit den kleineren Arbeiterinnen sind).
Nahrung: Zoophagie, Trophobiose, Dulosis (Ein Großteil der erbeuteten Brut wird gefressen).
Winterruhe: exogene Winterruhe, Oktober - März
Fortpflanzung: Schwarmflug von Ende Mai bis Anfang September, Hauptschwärmzeit Mitte Juni - Ende Juli; schwärmt von 07:00 - 13:00 Uhr, Paarung meist in der Nähe des Nestes (laut Seifert)
Aussehen und Größe Arbeiterinnen: ca. 6-9 mm, Kopf und Mesosoma sind einheitlich rot bzw. rotbraun gefärbt. Mandibeln, Stirn und Kopfhinterseite sind oft angedunkelt. Die Gaster ist schwärzlich.
Königinnen: 9-11 mm, Kopfhinterseite ist dunkel, die Wangen sind rot. Mesosoma und Beine sind vorwiegend rot, die Gaster ist schwarz gefärbt.
Männchen: 7-11 mm

- präparierte Arbeiterin
(Quelle: Wikipedia Commons)
BemerkungenFormica sanguinea ist ein fakultativer Sklavenjäger. D.h. sie sind nicht von ihren Sklaven abhängig (wie z.B. Polyergus rufescens), was sie auch nicht dazu zwingt die Wirtskolonien am Leben zu erhalten. Die Raubzüge gegen Nester der Serviformica-Gruppe, z.B. Serviformica fusca, finden an warmen Nachmittagen im Sommer statt. Meist werden alle Serviformica sp. Kolonien in Reichweite früher oder später ausgelöscht.
Die Art baut selten Nesthügel, welche dann meist relativ klein ausfallen.
Von anderen Waldameisen sind sie eindeutig durch die Einkerbung am Clypeus (Kopfschild, unterster Teil vorn am Kopf, unterhalb des Fühleransatzes) zu unterscheiden.
* Daneben gibt es noch einige andere Gründungsstategien, die aber deutlich seltener auftreten. Zu ihnen gehören: Pleometrose (gemeinsame Gründung mehrere Jungköniginnen), Allopleometrose (Gründung zusammen mit einer Serviformica Jungkönigin) und Adoption in ein bestehendes Nest.

- Nest von Formica sanguinea
(Quelle: Wikipedia Commons)
EinleitungWarum Formica sanguinea? Formica sanguinea ist eine Art, die mir schon immer gefallen hat: Das hübsche Aussehen und lebhafte Wesen, die interessante Gründung, Möglichkeit von Raubzügen und nicht zuletzt die Ähnlichkeit mit den hügelbauenden Waldameisen, all das macht die Art für mich sehr attraktiv.
Bevor ich mein Studium begann gab es aber einen entscheidenden Grund, mir keine Kolonie zulegen, da ich nicht wusste, ob es möglich sein würde, die Winterruhe zu realisieren. Schließlich finden nicht alle, dass die Überwinterung eines Ameisennestes im Kühlschrank eine tolle Sache ist.
Jetzt wo ich weiß, dass ich die Ameisen wahlweise im Kühlschrank oder auf dem eigenen Balkon überwintern kann, stand der Erfüllung dieses lang gehegten Wunsches nichts mehr im Wege, sodass ich mir zum Valentinstag kurzerhand selbst ein Geschenk machte und eine Königin mit einigen Hilfsarbeiterinnen bestellte.
Die KolonieAls die Ameisen Mitte Februar eintrafen, war es eine freudige Überraschung: Nicht nur Königin und dunkle Hilfsarbeiterinnen saßen im Nest, sondern auch bereits erste Arbeiterinnen von Formica sanguinea.
Laut Händler stammt die Kolonie aus Tschechien. Sie war sicher und wärmeisoliert verpackt und machte einen guten, wenn auch (ob der Temperaturen) gewünscht trägen Eindruck.
Hilfsarbeiterinnen (Formica cf. fusca):
Anzahl: ca. 8
Größe: ca. 6mm
Arbeiterinnen Formica sanguinea:
Anzahl: ca. 8-10
Größe: ca 6-7mm
Brut ist aufgrund der Jahreszeit natürlich nicht vorhanden.
Die Haltung
Vorerst einige Eckdaten zur Haltung: Das Formikarium besteht aus einem handelsüblichen 30x20 Becken, selbstverständlich mit Bohrungen für baldige Erweiterungen. Es wird mittags und nachmittags teilweise beheizt durch eine Heizmatte (12,7x8,5 cm; 4W). Als Nest wird erst einmal weiter das Reagenzglas benutzt.
Die Einrichtung besteht aus einer dünnen Sand-Lehmschicht in die feucht einige Äste, Rinden- und Moosstückchen gedrückt wurden. Anschließend wurde der Boden dick mit Fichtennadeln ausgestreut.

- Die ursprüngliche Einrichtung
Futter: Ich bestelle mein Futter immer lebend und friere es dann sofort ein. Bei Bedarf werden einzelne Futtertiere entnommen und verfüttert. Momentan verfüttere ich vor allem mittelgroße Heimchen (ca. 15 mm lang). Zur Abwechslung gibt es subadulte Wanderheuschrecken und Wachsmaden.
Außerdem wird normaler Blütenhonig (unverdünnt) aus dem Lebensmittelladen angeboten.
Einzug und zweimaliger UmzugDirekt nach Ankunft und schneller Inspektion der Kolonie wanderte diese in den Kühlschrank, da ich die nächsten zwei Wochen nicht zu Hause war und es für eine Auswinterung eh noch recht früh war.
Anfang März war es dann soweit: Die Ameisen wurden aus dem Gemüsefach geholt! Zuerst legte ich das abgedunkelte Reagenzglas für einen Tag aufs Fensterbrett (innen) und dann ins Formikarium. Die Heizung war dabei natürlich ausgeschaltet.
Nach einigen Minuten begannen die ersten Arbeiterinnen die Umgebung zu erkunden: Besonders ein großes Rindenstück und das Moos waren für sie interessant. Eine Stunde später saßen sie alle im neuen Nest. So ein Missgeschick, da war der Lehm noch nicht ganz getrocknet und der Spalt zwischen Rinde und Boden ein ideales Nest.
Ich wartete einige Tage, doch auch als das Becken mit Sicherheit komplett getrocknet war, zogen sie nicht zurück.
Es wurde Zeit für drastischere Maßnahmen: Stück für Stück entfernte ich alle liebevoll eingebrachte Dekoration, unter einem großen Rindenstück saß die Kolonie, die jetzt natürlich in Panik verfiel. Bis auf einige Moos und Fichtennadelreste war das Becken jetzt leer, sodass sie jetzt doch zurück in ihr Reagenzglas zogen.
Beim zweiten Dekorieren achtete ich darauf, das das nicht gleich noch einmal passieren würde. Die großen Rindenplatten ließ ich weg und verwendete dafür lieber mehr Fichtenstreu. Das Ergebnis war wieder ganz hübsch, aber die Ameisen blieben in ihrem Nest.

- Der zweite Versuch

- Der zweite Versuch - Übersicht

- Eine aufmerksame Arbeiterin
Hier gehts zum Diskussionsthread.