Ein schwieriger Fall von Ameisenbefall und Bestimmung
Zu mir kam eine Anfrage. In einem alten, einzeln stehenden, zweistöckigen Haus ist ein Ameisenbefall im Dach, zwischen der Schiefereindeckung und einer innen angebrachten Dampfsperre; die Hohlräume sind mit Glaswolle zur Isolierung ausgefüllt. Bäume stehen nahe beim Haus mit Kontakt zu Wand und Dach; Kletterpflanzen ranken hoch bis zur Dachrinne. Die Folie (Dampfsperre raumseitig unter der Isolierung und den Dachsparren) wurde brüchig und sollte erneuert werden. Eine Trockenbau-Firma öffnete die Folie: Ameisen und Kokons und Müll rieselten heraus. Schnell wieder zugekleistert und den Gang zu einem Kammerjäger empfohlen.
Es war ein Unternehmen, in dem meine kürzlich erschienene Veröffentlichung
"Hausameisen: Oft nur ein Indiz für Baumängel!" immerhin bekannt war. (
viewtopic.php?f=31&t=217&start=20#p7152 )
Hitzebehandlung oder Begasung standen zur Wahl, doch wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass ein erneuter Befall ziemlich wahrscheinlich sei (!). Außerdem wohnen Fledermäuse in dem Dach, die nach dem Willen der Eigentümerin von der Behandlung nicht geschädigt oder vertrieben werden sollten.
Mein erster Verdacht war
Lasius brunneus, denn für diese wäre es eine ideale Nistgelegenheit. Zum Glück habe ich ein paar Tiere angefordert, und auch erhalten.

- Lasius niger mit "Genist" aus der Dachisolierung
Der „Müll“ mit zwei Puppenkokons, Glasfasern, Futterresten usw. ist noch mit transparenter Klebefolie festgehalten.
Die drei Arbeiterinnen habe ich freigelegt.
Und dann kam die Überraschung: Es war
Lasius niger!
Der erste Eindruck unter dem Präpariermikroskop deutete auf
L. fuliginosus: Die drei Tiere sahen total schwarz aus und glänzten. Die Köpfe waren zerdrückt, was bei dieser Art der Einsendung normal ist und auch nicht stört, hier aber eine Beurteilung der Kopfform nicht mehr zuließ. Aber die Ameisen waren stark beborstet. Messung der längsten Haare auf dem Thorax und Vergleich mit dem Durchmesser des Fühlerschaftes an dessen Ende sprachen für
L. niger. Schließlich habe ich ein paar
L. fuliginosus aus meiner Alkoholsammlung genommen und Punkt für Punkt verglichen: Es blieb bei
Lasius niger.
Aber was machen die in einer Dachisolierung, in einem Dach zwei Etagen über dem Boden?Von Geflügelten war nie die Rede, auch wurden keine Ameisen innerhalb des Hauses beobachtet. Nach der Störung durch das Öffnen der Dampfsperre machten sich ebenfalls keine Ameisen mehr bemerkbar. – Man sieht, dass mit dem Hauseigentümer einige Korrespondenz erfolgen musste!
Es bleibt als Erklärung, dass ein Volk von
L. niger zeitweilig in dem warmen, feuchten Isoliermaterial Puppen und wohl auch Larven gelagert hatte, vermutlich in der zu kühlen Zeit im Mai / Juni, vor der Hitzewelle. – Immerhin hatte ich so etwas bereits einmal beobachtet, als im Garten in einem Hornissenkasten (von Hornissen nicht angenommen,innen etwas feucht), ca. 3,5 m hoch im Baum, jede Menge Puppen von Lasius niger gelagert waren, betreut von Hunderten von Arbeiterinnen.
Jetzt sind Dachdecker und evtl. Baufachleute gefragt: Vielleicht ist das Dach undicht? Vielleicht kann man die Dampfsperre beseitigen oder durch ein atmungsaktives Material ersetzen, so dass die Feuchtigkeit in dem Isoliermaterial verschwindet? - Aber dazu kann
ich nun nichts mehr sagen.
MfG,
Merkur